Hamburger Renn-Club fordert Garantie bis 2028 und ist enttäuscht vom Turf-Direktorium. Hinter den Kulissen tobt eine Schlammschlacht.

Horn. Der Sportstadt Hamburg bleibt ein herber Verlust erspart: Auch im kommenden Jahr wird das Deutsche Galoppderby an traditionsreicher Stätte in Horn gestartet. Dieser Punktsieg für den Hamburger Renn-Club (HRC) bedeutet gleichzeitig eine Niederlage für das Turf-Direktorium. Die Manager in Köln hatten den Wettstreit um das Blaue Band öffentlich ausgeschrieben und damit bundesweit lautstarken Streit provoziert. Mehr denn je steht der vom Senat favorisierte Bau einer Doppelrennbahn für Galopper und Traber im Osten der Hansestadt auf der Kippe.

Trotz dieses Meinungsumschwungs des Galopper-Dachverbandes und der Entscheidung pro Hamburg ist der Imageschaden verheerend. Denn statt der erwarteten Bestandsgarantie bis 2028 erhielten die Hanseaten lediglich eine Bewährungschance für das 144. Deutsche Derby am 7. Juli 2013. Fraglich ist, ob der HRC dann erneut Konkurrenz bekommt. Die Rivalen in München und unter Vorbehalt Baden-Baden hatten signalisiert, den Höhepunkt des deutschen Turfjahres austragen zu wollen. Unter dem Strich stehen auch sie nun als Verlierer da.

Auch wenn am Freitag alle Seiten bemüht waren, das Desaster in Grenzen zu halten, ist die Konfrontation keinesfalls beendet - im Gegenteil. Zwar hat sich die einstweilige Verfügung des Renn-Clubs mit dem Rückzieher des Direktoriums erledigt, doch ist damit der juristische Streit längst nicht beendet. Wird die in den Vorjahren eigentlich vereinbarte Garantie für Horn über weitere 15 Jahre - bis 2028 - nicht zügig bekräftigt, droht ein öffentliches Gerichtsverfahren.

"Der Dachverband hat klein beigegeben", sagte Hamburgs Galopper-Präsident Eugen-Andreas Wahler nach zwei langen Tagen in einer Anwaltskanzlei am Jungfernstieg. "Allerdings erfolgte dieser Schritt nicht freiwillig, sondern war die Reaktion auf eine drohende gerichtliche Auseinandersetzung." Vize-Präsident Albert Darboven ergänzte trotz einer satten Portion Wut im Bauch diplomatisch: "Es bringt jetzt nichts, kräftig aufs Blech zu hauen, aber Stil hat die ganze Aktion keinesfalls."

Zwar möchte es von Hamburger Seite aus niemand offiziell sagen, doch fühlt man sich an der Rennbahnstraße in Horn gedemütigt und ausgetrickst. "Ich will kein Öl ins Feuer gießen", meinte auch Wahler. Er nennt Fakten: "Eigentlich war alles in trockenen Tüchern." Renn-Club wie Direktorium hätten über ihre Anwälte eine außergerichtliche Einigung ausformuliert, auf der nur noch die Unterschrift aus Köln fehlte.

Am Donnerstag überschlugen sich dann die Ereignisse. Statt der Unterschrift traf in Hamburg eine Mail des Direktoriums ein, in der um eine Fristverlängerung bis Donnerstagabend gebeten wurde. Wörtlich stand geschrieben: "Der Unterzeichner versichert, dass es nur terminliche Gründe sind, die für eine Verschiebung der zugesagten Erklärung verantwortlich sind." Stattdessen ließ Direktoriums-Präsident Albrecht Woeste um 19.47 Uhr eine Pressemeldung verschicken: Die offizielle Ausschreibung wird "im Interesse des öffentlichen Friedens" widerrufen. Die Präsidiumsmitglieder hätten den Eindruck gewonnen, "dass viele Rennsportfreunde - trotz nicht optimaler Gegebenheiten in Hamburg-Horn - dem HRC das Vertrauen schenken möchten". Wohlgemerkt nur für das kommende Jahr.

"Mit dieser Taktik hat das Niveau einen absoluten Tiefpunkt erreicht", heißt es hinter den Kulissen des Hamburger Renn-Clubs. "Wir fühlen uns massiv gelinkt." Unverändert poche man auf Verträge, welche bereits 2007 und 2008 zwischen HRC und Direktorium getroffen wurden. "Hierin wurde klipp und klar klargestellt, dass das Deutsche Derby bis zum Jahr 2028 in Hamburg-Horn ausgetragen wird", sagte Eugen-Andreas Wahler, von Haus aus Jurist. Allerdings wolle er sich bewusst zurücknehmen, um die aktuelle Schlammschlacht nicht ins Uferlose zu treiben.

"Das Ganze ist ein Stück aus dem Tollhaus", meinte der HRC-Präsident dennoch. Dabei verwies er auf einen Bericht der Turf-Zeitung "Sport-Welt". Diese hatte von einer Sitzung der deutschen Besitzervereinigung vom 27. August in den Räumen der Haupttribüne der Iffezheimer Rennbahn in Baden-Baden berichtet.

Dort habe sich Andreas Tiedtke, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Direktoriums und einer der Initiatoren der Attacke gegen das Derby in Hamburg, angeblich selbst als Derbyausrichter ins Spiel gebracht. Danach habe Tiedtke den Vorschlag unterbreitet, die Bahn in Baden-Baden zwecks Abhaltung des Derbys pachten zu wollen. Im dritten Jahr solle ein Gewinn erwirtschaftet werden.

Tiedtke, der früher in der Marktforschung aktiv war und seinen Direktoriumsjob seit Dezember 2010 innehat, ging seinerseits in die Offensive. "Die letzten Derbymeetings in Hamburg waren nicht so prickelnd." Es mangele an Zuschauern, neuen Sponsoren, einem langfristigen Konzept und medialer Präsenz. "Immerhin", so Tiedtke, "hat das Theater jetzt dem Galopprennsport mehr Öffentlichkeit gebracht als das Derby im Juli." Er wolle "konstruktiv daran arbeiten", das Turfereignis auf finanziell stabile Beine zu stellen. Ob die Bestandsgarantie bis 2028 gegeben werde, "ist nun Sache der Gremien".

Und ist die geplante Doppelrennbahn in Horn durch die Streitigkeiten gefährdet? "Das hat damit nichts zu tun", sagte Andreas Tiedtke dem Abendblatt. "Niemand hat etwas gegen den Derby-Standort Hamburg." Diese Aussage wurde beim HRC mit Kopfschütteln quittiert: "Kein Kommentar."

Umso positiver wurde der Zuspruch aus dem Rathaus aufgenommen. "Das Derby gehört zu Hamburg. Es geht weiter darum, mit allen Beteiligten über vernünftige Konzepte zu reden", sagte Senatssprecher Christoph Holstein. "Unsere ganze Unterstützung gilt denen, die das Derby verteidigen."