24 Jahre lang stand Argentinien in keinem WM-Endspiel mehr. Am Sonntag gegen Deutschland ist das stolze Land nur Außenseiter. Aber: Der zweimalige Weltmeister hat Messi – und große Motivation.

Rio de Janeiro. Lionel Messi hielt sich auch vor dem Spiel seines Lebens mit emotionalen Sprüchen zurück. Für Argentiniens Weltstar ist der nationale Großauftrag ohnehin längst formuliert: endgültig raus aus dem Schatten von Diego Maradona und auf ewig in die Herzen von 40 Millionen Landsleuten.

Der 27-Jährige will sich am Sonntag in Rio auch vom Brasilien-Schreck Deutschland nicht einschüchtern lassen und Argentinien im ehrwürdigen Maracanã zum dritten WM-Titel führen. „Das ist die Chance, von der wir unser Leben lang geträumt haben“, sagte Argentiniens heimlicher Chef Javier Mascherano vor dem Endspiel der Weltmeister an diesem Sonntag (21 Uhr/ARD). Messi und Mascherano versuchen bereits zum dritten Mal, Weltmeister zu werden.

Bei ihren Anläufen 2006 und 2010 scheiterten sie jeweils im Viertelfinale – an Deutschland. „So eine Chance auf den Pokal werden wir vielleicht nie wieder bekommen“, betonte Mascherano. Es ist für sie auch die vielleicht letzte Möglichkeit, endlich das Erbe von Maradona und den Weltmeistern von 1986 anzutreten, die in Mexiko das erste deutsch-argentinische WM-Finale mit 3:2 gewannen und vier Jahre später bei der WM 1990 in Rom das zweite mit 0:1 verloren. „Deutschland ist nicht unbesiegbar“, sagte Maradona. „Sie sind, wie wir sagen, überhöht.“

Und das sei „umso besser für Argentinien“. Bemerkenswert ist nur, dass dies selbst in Argentinien nur wenige so sehen. Der Respekt ist groß, die deutsche Gala beim unfassbaren 7:1 im Halbfinale gegen Rekord-Weltmeister Brasilien wäre gar nicht mehr nötig gewesen. „Deutschland hat ein großartiges Team. Das, was da am Dienstag mit Brasilien passiert ist, kann jeder anderen Mannschaft genauso passieren. Wenn sie Platz haben, sind sie tödlich“, sagte Stürmer Sergio Agüero von Manchester City.

Trotz eines Messi, eines Mascherano oder eines Gonzalo Higuaín, trotz einer Offensive also, „die ihnen definitiv Schwierigkeiten bereiten kann“, wie Agüero meinte: Selten ist der zweimalige Weltmeister aus einer derartigen Außenseiter-Position in ein Spiel gegen Deutschland gegangen. Ausgerechnet Maradona, der bei der WM 2010 als argentinischer Nationaltrainer im Viertelfinale eine 0:4-Packung verantworten musste, glaubt nun, die richtige Taktik zu kennen: „Argentinien müsste Deutschland im Mittelfeld zusetzen, den Ball erobern und von dort Messi bedienen, damit er mit Higuaín kombinieren kann.“

Das Einzige, was ihm Angst mache, sei, dass Messi erschöpft sein könnte, sagte Maradona in der TV-Sendung „De Zurda“. Messi wirkte beim Elfmeterkrimi im Halbfinale gegen die Niederlande zum Schluss völlig entkräftet. Ein Tor gelang dem viermaligen Weltfußballer des FC Barcelona in der K.o.-Runde auch noch nicht. Das Finale wäre nun der beste Zeitpunkt für einen weiteren Geniestreich des Hoffnungsträgers, der in der Vorrunde viermal getroffen hatte. „Ich würde alle meine persönlichen Rekorde hergeben, um Weltmeister zu werden“, so Messi vor dem Turnier.

Nach dem Einzug ins Finale schrieb er auf seiner Facebook-Seite: „Uns fehlt noch ein kleiner Schritt.“ Im argentinischen Lager hoffen nun alle, dass der unermüdliche Ángel di María im Finale doch noch als wichtige Unterstützung für Messi zum Einsatz kommt. Der schnelle und dribbelstarke Offensivspieler von Real Madrid zog sich im Viertelfinale eine Muskelverletzung am Oberschenkel zu, trainiert aber inzwischen schon wieder.

Auch Di María gehörte zu den insgesamt acht Akteuren im aktuellen Kader, die bereits 2010 beim WM-Aus gegen die DFB-Auswahl dabei waren. Allerdings hat die aktuelle argentinische Mannschaft nicht mehr viel mit der unbedarften Elf von 2010 gemeinsam. Was die taktische Reife und das Zusammengehörigkeitsgefühl angeht, hat Coach Alejandro Sabella dieses Team auf ein anderes Level geführt.

Es hat mittlerweile eine „Balance“, wie der Trainer gern hervorhebt. „Unser erster Verteidiger spielt im Sturm und umgekehrt.“ Selbst Künstler wie Di María und Ezequiel Lavezzi arbeiten fleißig nach hinten mit. „So viel Team war Argentinien noch nie“, meinte Messi. Zusammen mit 20.000 bis 30.000 blau-weißen Fans im Maracanã könnte das am Sonntag ein wichtiger Faktor sein.

Der Mann für die emotionalen Botschaften bei den Argentiniern ist Mascherano. Vor dem Elfmeterschießen gegen die Niederlande zog er Torwart Sergio Romero beiseite, der kurz darauf zum Helden des Halbfinals wurde. Diesmal sagte Mascherano: „Zwei Generationen haben Argentinien nicht in einem WM-Finale sehen können. Jetzt sind die Augen der Welt wieder auf unser Land und unsere Fahne gerichtet.“