Zwei Minuten vor seinem Führungstreffer wurde Brasiliens Superstar von Kameruns Nyom in Richtung Fotografen befördert. Als wichtigsten Spieler will sich Doppeltorschütze Neymar selbst nicht bezeichnen.

Brasilia. Ganz Brasilien feiert seine Selecao, der Fußball-Karneval auf dem Weg zum ersehnten WM-Titel im eigenen Land geht weiter. Mit einem klaren 4:1-Erfolg gegen Kamerun ist der Rekord-Weltmeister als Sieger der Gruppe A in das Achtelfinale eingezogen, wo er nun am kommenden Sonnabend (18 Uhr) auf Chile trifft. Mexiko spielt in der Runde der letzten 16 am Sonntag (18 Uhr) gegen den Sieger der Gruppe B, die Niederlande.

Brasiliens Superstar Neymar stellte in Brasilia mit seinen Treffern in der 17. und 35. Minute die Weichen zum umjubelten Erfolg. Der Schalker Joel Matip (26.) konnte zwischenzeitlich zwar für Kamerun ausgleichen. Fred (50.) und Fernandinho (84.) machten nach der Pause alles klar. Mit dem Erfolg in ihrem 100. WM-Spiel gingen die Gastgeber den starken Niederländern in der ersten K.-o.-Runde aus dem Weg.

„Wichtigster Spieler? Das gibt es nicht. Die Mannschaft zählt. Jetzt können wir mit mehr Selbstvertrauen spielen“, sagte der überragende Neymar nach der Partie bescheiden. „Wir haben sehr gut gespielt und unsere beste Leistung abgeliefert“. Mitspieler Fernandinho war froh, „dass wir uns gesteigert haben und als Gruppensieger im Achtelfinale stehen. Das gibt Lust auf mehr“, sagte er mit Blick aufs Chile-Spiel am Sonnabend in Belo Horizonte. Kamerun-Coach Finke stellte leicht frustriert fest: „Ich sage den Leuten in Kamerun, dass es gegen uns gelaufen ist. Es fehlte die Konzentration. Daher haben wir verloren.“ Dennoch will er im Amt bleiben. „Ich habe einen Vertrag“, sagte der Deutsche am Montagabend in Brasília. Und ergänzte: „Ich werde meinen Job machen.“

Neymar in Richtung Fotografen geschubst

Brasilien startete in der Hauptstadt Brasilia mit überfallartigen Angriffen, nach gelungenen Offensivaktionen feuerten die Spieler der Gastgeber die ohnehin schon euphorisierten Fans immer wieder an. In der vierten Minute hatte Paulinho schon die große Chance zur Führung, sein Schuss nach Rückpass Neymars blieb aber an einem Abwehrbein hängen. Die Elf von Trainer Luiz Felipe Scolari schien anfangs den Gegner überrollen zu wollen.

Dieser Dauerdruck hielt jedoch nicht lange an. Das Spiel beruhigte sich nach etwa einer Viertelstunde etwas, was auch an den Kamerunern lag. Die bereits gescheiterte Elf von Trainer Finke präsentierte sich viel disziplinierter als bei der peinlichen 0:4-Schlappe gegen Kroatien und sorgte immer wieder für Entlastung. Mit schnellen Angriffen suchten die Afrikaner immer wieder selbst den Weg zum Tor und konnten dabei die brasilianische Hintermannschaft ab und an in Verlegenheit stürzen. In der 34. Minute verpasste der ehemalige HSV-Profi Eric Maxim Choupo-Moting einen Kopfball nur knapp.

Die Führung von Neymar war dennoch verdient. Der Wolfsburger Luiz Gustavo setzte sich auf der linken Seite durch, passte flach in den Strafraum, wo der Superstar eiskalt vollstreckte. Zwei Minuten zuvor hatte ihn der Kameruner Allan Nymon noch mit einem Schubser in einen Pulk Fotografen befördert. Der Abwehrspieler hatte dabei Glück, dass er keine Rote Karte sah. Kamerun ließ sich indes nicht beirren und spielte weiter munter nach vorn.

Kurz vor seinem Ausgleichstreffer traf Matip in einer etwas unfreiwilligen Kopfball-Coproduktion mit dem Brasilianer David Luiz nur das Lattenkreuz. Beim 1:1 musste Matip nach einem Flachpass von Nyom nur den Fuß hinhalten. Es war sein erstes Tor für Kamerun im 25. Länderspiel.

Euphorie nach dem Schlusspfiff

Danach ließ Neymar mit seinem Flachschuss Kameruns Torwart Charles Itandje nicht gut aussehen. Mit seinem vierten Turniertreffer übernahm der Angreifer vom FC Barcelona die alleinige Führung in der WM-Torjägerliste, unter anderem vor dem dreimal erfolgreichen Thomas Müller. Bei Brasilien war der zuletzt angeschlagene Hulk in die Anfangsformation zurückgekehrt. Bei Kamerun spielte neben Matip auch der Mainzer Choupo-Moting von Beginn an.

Nach der Pause war die Partie durch das schnelle 3:1 praktisch frühzeitig entschieden. Frenetischer Jubel brandete dann noch einmal auf, als Neymar in der 71. Minute ausgewechselt wurde. Der Superstar vom FC Barcelona wurde von Willian ersetzt. Mit der frühen Schonung seines besten Spielers signalisierte Scolari auch, dass er das Match für entschieden hielt. Er braucht Neymar schließlich noch, um den Titeltraum verwirklichen zu können.

Nach zwei eher mittelmäßigen Auftritten in den ersten Gruppenspielen gegen Kroatien (3:1) und Mexiko (0:0) konnte Brasilien erstmals überzeugen und seiner Favoritenrolle auf den Titel gerecht werden. Dementsprechend euphorisch wurde das Team nach dem Schlusspfiff gefeiert. Die in der Gruppenphase starken Chilenen werden die Gastgeber allerdings deutlich mehr fordern als die enttäuschenden Kameruner, die nach drei Gruppenspielen ohne Punktgewinn abreisen.

Kamerun: Itandje – Nyom, Matip, N'Koulou, Bedimo – Enoh – Moukandjo, Mbia, Nguemo, Choupo-Moting – Aboubakar (73. Webo). Brasilien: Julio Cesar – Dani Alves, Silva, David Luiz, Marcelo – Paulinho (46. Fernandinho), Luiz Gustavo – Hulk (63. Ramires), Oscar, Neymar (71. Willian) – Fred.Schiedsrichter: Eriksson (Schweden). Zuschauer: 68.748. Tore: 0:1 Neymar (17.), 1:1 Matip (26.), 1:2 Neymar (35.), 1:3 Fred (50.), 1:4 Fernandinho (84.). Gelbe Karten: Enoh, Mbia.