Die WM-Vorbereitung ist von einem schweren Unfall überschattet worden. Ein Rettungshubschrauber transportiert einen Schwerverletzten. Nationalspieler Höwedes saß im Unfallwagen von DTM-Fahrer Wehrlein.

St. Leonhard. Unfall-Drama im WM-Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft: Die Vorbereitung der DFB-Auswahl auf das Turnier in Brasilien ist am Dienstag von einem tragischen Zwischenfall überschattet worden. Bei einer Sponsorenaktion der DFB-Auswahl kam es im Passeiertal zu einem folgenschweren Autounfall, bei dem zwei Personen verletzt wurden.

„Der DTM-Rennfahrer Pascal Wehrlein verletzte beim Befahren einer abgesperrten Strecke zwei Personen, die sich unerwartet auf der Fahrbahn befanden. Über die Schwere der Verletzungen können wir momentan keine Auskunft geben, beide Personen befinden sich in ärztlicher Behandlung. Pascal Wehrlein blieb unverletzt“ hieß es in einer ersten Stellungnahme von Mercedes.

Weiterhin teilte der DFB-Hauptsponsor mit: „Wir bedauern diesen Unfall und wünschen den Verletzten gute Besserung. Selbstverständlich unterstützen wir die Behörden bei der Aufklärung des Unfallhergangs.“ Ein paar Stunden später äußerte sich auch der DFB zu dem Vorfall. „Im Moment sind unsere Gedanken bei den Verletzten“, erklärte Nationalmannschaftssprecher Jens Grittner.

Nach Angaben von Augenzeugen soll der gerade mal 19-jährige Wehrlein versucht haben, in einem Fahrzeug der neuen Mercedes C-Klasse AMG, dem Urlauber-Pärchen auszuweichen. Formel-1-Star Nico Rosberg befand sich ebenfalls auf der Strecke, wurde in den Unfall aber nicht direkt verwickelt, weil er vor Wehrlein fuhr. „Ich bin von dem Unfall schockiert“, schrieb Rosberg bei Twitter: „Meine Gedanken sind bei den beiden Menschen, die verletzt wurden, und ich wünsche ihnen eine schnelle Genesung.“

Die verletzte Frau wurde mit einem Rettungswagen nach ersten Angaben der Polizei in ein Krankenhaus ins nahe gelegene Meran gebracht, der schwerverletzte Mann mit einem Hubschrauber ins rund 65 km entfernte Bozen geflogen.

Höwedes saß im Unfallwagen


Unter den verletzten Personen soll sich nach Angaben von örtlichen Medien ein Streckenposten befinden, der von der Gemeinde St. Leonhard gestellt wurde. Vor der Aktion hatte es mehrere Vorbesichtigungen der Piste gegeben. Im Unfallauto, das bei einem Ausweichmanöver zwei am Rand stehende Personen erfasst hatte, soll Nationalspieler Benedikt Höwedes als Beifahrer gesessen haben. Nach übereinstimmenden Medienberichten im Wagen von Formel-1-Spitzenreiter Nico Rosberg der Schalker Julian Draxler mitgefahren sein.

Rosberg, Wehrlein und Golf-Star Martin Kaymer hatten am Dienstag die deutsche Mannschaft in ihrem WM-Trainingslager in Südtirol besucht. Dass das Trainingslager des dreimaligen Weltmeisters unter keinem guten Stern steht, war schon am Vormittag deutlich geworden, als bekannt wurde, dass Joachim Löw wegen überhöhter Geschwindigkeit seinen Führerschein verloren hat. Der Bundestrainer hat nicht nur mit der DFB-Auswahl, sondern auch in Flensburg reichlich Punkte gesammelt, was er auch freimütig einräumte.

„Selbstverständlich stehe ich dazu, dass ich manchmal leider zu schnell gefahren bin, ich weiß, dass ich mich hier zügeln muss“, sagte der 54-Jährige in einer offiziellen Mitteilung: „Ich habe meine Lektion gelernt und werde mein Fahrverhalten ändern. Es gibt da nichts schönzureden, natürlich muss ich jetzt mit den Konsequenzen leben und nutze häufig die Bahn.“

Teammanager Oliver Bierhoff nahm vor dem Unfall-Drama am Nachmittag diese Meldung noch mit Humor. „Wir werden mit unserem Generalsponsor sprechen, dass man Jogi nur noch Autos gibt, die tempolimitiert sind“, sagte der Europameister von 1996.

„Jogi ärgert sich am meisten“


In Helmut Sandrock äußerte sich auch der DFB-Sekretär zu der Angelegenheit, die der Verband wohl am liebsten unter Verschluss gehalten hätte: „Joachim Löw hat uns bereits vor einiger Zeit darüber informiert, dass er den Führerschein abgeben musste. Wir wissen, dass sich Jogi selbst am meisten darüber ärgert.“

Löw soll nach übereinstimmenden Angaben verschiedener Medien zu schnell gefahren sein und mit dem Handy am Steuer seines DFB-Dienstwagens telefoniert haben. Der Vorfall soll sich bereits im März ereignet haben.

Der Bundestrainer, der bereits 2006 wegen eines ähnlichen Vergehens schon einmal vier Wochen seine Fahrerlaubnis abgeben musste, hat aber keine Punkte wegen Alkohols am Steuer oder eines Unfalls bekommen. Nach der Pinkel-Affäre um Kevin Großkreutz, der wegen seines Aussetzers in Berlin nach dem Pokalfinale von Löw die dunkelgelbe Karte gesehen hatte, wirft allerdings auch Löws Verhalten kein gutes Licht auf die Nationalmannschaft. Diese sieht sich gerne als wichtiger Repräsentant Deutschlands.

„Wir wollen natürlich immer Vorbild sein. Wir sind aber auch nur Menschen, die Fehler machen. Ich sehe jetzt keine Gefahr, dass Jogi als Raser durchgeht“, betonte Bierhoff. Ausgerechnet WM-Spitzenreiter Rosberg konterkarierte allerdings Bierhoffs Aussage: „Ich fahre auf der Straße ganz normal und habe noch nie einen Punkt in Flensburg gehabt.“

Lahm und Schweinsteiger absolvieren Laufeinheiten


Wegen des Unfall-Dramas am Nachmittag strich der DFB das Testspiel gegen die eigene U20. Löw ließ seinen WM-Kader stattdessen auf dem Platz unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainieren. An der Übungseinheit sollen auch Höwedes und Draxler teilgenommen haben.

Die sportlich positiven Nachrichten rückten nach dem Unfall in den Hintergrund: Kapitän Philipp Lahm konnte dabei zwar noch nicht mitwirken, aber zuvor erstmals nach seiner Sprunggelenkverletzung gemeinsam mit seinem Bayern-Kollegen Bastian Schweinsteiger wieder eine Laufeinheit absolvieren.

Geschont wurde gegen den Nachwuchs auch Champions-League-Sieger Sami Khedira, der am Vorabend in Südtirol eingetroffen war und zunächst regenerieren sollte. Marcel Schmelzer (Knieprellung) konnte nach einer dreitägigen Pause wieder am Trainingsbetrieb teil, während Torwart Manuel Neuer (Schulter) weiter im Teamhotel Andreus behandelt wurde.