Aus deutscher Sicht sind die USA der pikanteste WM-Gegner. Denn die Amerikaner werden am 26. Juni mit dem früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann und einigen in Deutschland geborenen Spielern antreten.

Frankfurt. Theoretisch hätte so auch ein Teil der deutschen Reisegruppe für Brasilien aussehen können. Denn in enger Absprache mit seinem Assistenten Andreas Herzog und seinem Sonderberater Berti Vogts hat Trainer Jürgen Klinsmann am Montagabend (Ortszeit) den gebürtigen Münchner Fabian Johnson, die gebürtigen Frankfurter Jermaine Jones und Timothy Chandler und auch den gebürtigen Berliner John Anthony Brooks in sein vorläufiges, 30 Spieler umfassendes Aufgebot für die Fußball-WM berufen.

Die Genannten werden am 26. Juni im dritten Gruppenspiel in Recife aber nicht für, sondern gegen Deutschland antreten: Der frühere Bundestrainer Klinsmann coacht bekanntlich seit 2011 mit großem Erfolg die Auswahl der USA. „Es wird immer aufregender. Die Uhr tickt. Mit der Nominierung dieses 30-Mann-Kaders haben wir einen nächsten großen Schritt Richtung WM gemacht, sagte er nach der Bekanntgabe seines Aufgebots in einer Telefonkonferenz.

Klinsmann selbst hat noch immer die engsten Verbindungen zum großen Gruppenfavoriten Deutschland. Schließlich holte er seinen Freund und späteren Nachfolger Joachim Löw 2004 überhaupt erst zum DFB. Aber auch sein US-Team für diese WM hat eine starke deutsche Prägung: Johnson (1899 Hoffenheim), Chandler (1. FC Nürnberg), Brooks (Hertha BSC) und der erst 18 Jahre alte Julian Green (Bayern München) sind aktuelle Bundesliga-Profis.

Die erfahrenen Landon Donovan, Michael Parkhurst, Michael Bradley und DaMarcus Beasley haben früher einmal in der Bundesliga gespielt. Jones (Besiktas Istanbul) und der Ex-Dortmunder Terrence Boyd (Rapid Wien) sind in Deutschland aufgewachsen und später ins Ausland gewechselt. Und genau wie der frühere Schalker Jones haben auch Johnson, Brooks und Green sogar einmal für die deutsche A- oder eine Junioren-Nationalelf gespielt.

Klinsmann musste sich am Montagabend nicht per se dafür rechtfertigen, derart viele deutschstämmige Spieler nominiert zu haben. Die Berufungen von Chandler und Green werden in den USA aber zumindest kritisch hinterfragt. Green spielt bei den Bayern nur in der zweiten Mannschaft, während Chandler zunächst von Mitte Februar bis Mitte April wegen einer Knieverletzung ausfiel und danach mit seinen Nürnbergern kläglich aus der Bundesliga abstieg. „Timmy hat den Großteil der Saison sehr gut gespielt. Und er wusste während seiner Verletzung genau, dass er hart arbeiten muss, um wieder zurückzukommen“, sagte Klinsmann dazu. „Ich habe ihn sehr häufig beobachtet und denke, dass er ein Spieler ist, der den Unterschied ausmachen kann, wenn er sein höchstes Niveau erreicht.“

Der 30-Mann-Kader der Amerikaner ist das Ergebnis „eines Prozesses über die letzten zweieinhalb bis drei Jahre“, erklärte Klinsmann. Seit seinem Amtsantritt im Sommer 2011 hat sich zwar aus Torwart Tim Howard, Jermaine Jones, Michael Bradley, Clint Dempsey und Jozy Altidore eine „Wirbelsäule der Mannschaft“ gebildet, wie er sie selbst nennt. Um diese Achse herum baute der 49-Jährige aber immer wieder junge Talente wie Brooks oder Green in sein Team ein. Selbst verdiente Spieler blieben so bei der WM-Nominierung außen vor.

„Ob es Eddie Johnson war, der uns mit einigen wichtigen Toren erst nach Brasilien geschossen hat. Oder Brek Shea, der das Siegtor im Gold-Cup-Finale erzielt hat: Es waren einige 50:50-Situationen dabei“, erzählte Klinsmann. „Und jeder dieser Anrufe ist hart.“ Das vorläufige Team der USA wird sich nun von diesem Mittwoch an zweieinhalb Wochen lang in Stanford auf die WM vorbereiten. Nach den Testspielen gegen Aserbaidschan (27. Mai) und die Türkei (1. Juni) wird Klinsmann sein Aufgebot auf 23 Spieler reduzieren. „Wir können uns jetzt jeden Tag ein detailliertes Bild von den Spielern machen. Das wird ein täglicher Wettbewerb“, sagte der ehrgeizige Coach.