Hamburg. Daran, dass nicht mehr Steffen Baumgart an der Seitenlinie beim SC Paderborn herumfuhrwerkt und mit Leidenschaft sein Team antreibt, muss man sich erst noch gewöhnen. Nach vier erfolgreichen Jahren mit je einem Aufstieg in die Zweite- und die Bundesliga suchte er eine neue Herausforderung und heuerte beim 1. FC Köln an. Er hinterließ, sagt Paderborns Sport-Geschäftsführer Fabian Wohlgemuth, „sehr große Fußstapfen“.
In die versucht nun Lukas Kwasniok zu treten. Der 40-Jährige soll „keine Baumgart-Kopie“ sein, fordert Wohlgemuth, „aber er muss in unser Konzept passen“. Also offensiv, attraktiv und aktiv gegen den Ball spielen lassen, so wie Baumgart es beim SCP praktizierte. Außerdem gehe es darum, junge Spieler zu fördern und weiterzuentwickeln.
SCP ist ebenso wie der FC St. Pauli in der Liga noch ungeschlagen
„Ich kenne den Kollegen ganz gut“, sagt Timo Schultz, der mit dem FC St. Pauli an diesem Sonnabend (13.30 Uhr/Sky) in der Benteler-Arena beim SCP antritt, „der ist nicht weniger emotional und hat auch eine enge Bindung zu seiner Truppe. Ich glaube, sie haben in Paderborn einen ganz guten Nachfolger für Baumgart gefunden.“
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Dafür spricht der gelungene Saisonstart. Mit fünf Punkten aus drei Spielen ist der SCP ebenso wie St. Pauli in der Liga noch ungeschlagen. Zuletzt sorgte der 4:1-Auswärtssieg bei Werder Bremen für Aufsehen.
Kwasniok ist Corona-Impfgegner
„In mir und der Truppe steckt die Gier nach mehr“, sagte Kwasniok, „solche Erfolge machen mit jedem etwas, und wenn wir sie richtig einordnen, dann hilft uns das auch gegen St. Pauli.“ Der Coach machte im vergangenen Jahr bundesweit auf sich aufmerksam, als er mit dem Regionalligisten 1. FC Saarbrücken das Halbfinale im DFB-Pokal erreichte und den Aufstieg in die Dritte Liga schaffte. Ihn zeichnete dabei eine hohe taktische Flexibilität aus, die Mannschaft absolvierte selten zwei Partien mit der gleichen Aufstellung.
Nach Abgängen von Leistungsträgern wie Sebastian Schonlau (HSV), Chris Führich (Stuttgart), Christopher Antwi-Adjei (Bochum) oder Sebastian Vasiliadis (Bielefeld) musste der SCP ein neues Team basteln. Zuletzt verpflichtete der Club den erfahrenen Angreifer Marco Stiepermann, der nach einer Covid-Erkrankung vereinslos war. Der 30-Jährige, der zuletzt vier Jahre in England in Norwich aktiv war und davor auch in Bochum und Fürth, könnte seinem Trainer mal erzählen, wie das so ist mit dem Coronavirus. Denn Kwasniok ist Impfgegner, lehnt die Spritze für sich ab. Das sei eine „private Entscheidung“, die nicht zuletzt aus seiner „grundsätzlichen Einstellung zum Leben“ resultiere, teilte er mit.
Recht auf Selbstbestimmtheit
Sportchef Wohlgemuth hat für sich eine andere Entscheidung getroffen, hält aber „das Recht auf Selbstbestimmtheit“ für ein „hohes Gut in unserem Land“. Angesichts der Vorbildwirkung von Prominenten und der Überlegungen der DFL, Getestete künftig nicht mehr in die Stadien zu lassen, könnte hier ein Konflikt entstehen, der Fußballergebnisse in den Hintergrund drängt. Aber noch nicht an diesem Sonnabend.
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