Trainingslager

FC St. Pauli: Drei Fragezeichen nach Herzlake

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Carsten Harms
St. Paulis Trainer Timo Schultz hatte überwiegend viel Freude an der Arbeit seiner Spieler im Trainingslager in Herzlake.

St. Paulis Trainer Timo Schultz hatte überwiegend viel Freude an der Arbeit seiner Spieler im Trainingslager in Herzlake.

Foto: Witters

Kapitän, Stammtorwart und Rückkehr der Verletzten sind bei St. Pauli offen. Trainer Schultz zieht Zwischenbilanz.

Hamburg.  Ein internes, nur knapp 24 Minuten dauerndes Testspiel bildete am Dienstagvormittag für die Fußballprofis des FC St. Pauli den Abschluss des neuntägigen Trainingslagers von Herzlake. Dass dabei das Team „Grün“ mit 2:0 als Sieger über das Team „Blau“ vom Platz ging, war eher Nebensache. Trainer Timo Schultz (43) hatte dieses Abschlussmatch auch genutzt, um verschiedene taktische Varianten auszuprobieren. „Ein Elf gegen Elf im Training bietet sich noch mehr als ein Testspiel dafür an, dass die Spieler ein Gefühl füreinander bekommen. Da kann man mehr ausprobieren“, sagte Schultz im Abschlussgespräch des Trainingslagers, mit dem er sich insgesamt sehr zufrieden zeigte.

Der Ausfall des für den vergangenen Sonnabend geplanten Testspiels gegen den niederländischen Erstligisten PEC Zwolle sei kein wesentliches Manko gewesen, beteuerte Schultz. „Es kommen ja noch zwei Testspiele“, sagte er mit Blick auf das Match am Sonnabend (13 Uhr) in Norderstedt gegen den dänischen Erstligisten BK Odense sowie an die offizielle Saisoneröffnung eine Woche später. Näheres hierzu soll in den alsbald folgen, wenn die wesentlichen Rahmenbedingungen feststehen.

Wer wird neuer Kapitän?

Erst nach diesen beiden Begegnungen gegen anspruchsvolle Gegner werden zwei wichtige Entscheidungen fallen: Wer wird neuer Kapitän, und wer wird die Nummer eins im Tor? Beides verspricht Spannung. Hatte sonst die Wahl zum Mannschaftsrat und der Kapitäne in aller Regel im Rahmen des Sommertrainingslagers stattgefunden, so ist diesmal alles anders.

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Da das Trainingscamp vergleichsweise früh vor dem Ligastart (25. Juli gegen Holstein Kiel) stattfand, sieht Schultz keine Eile geboten. „Die Truppe ist weitgehend zusammengeblieben. Aber auch die Neuzugänge müssen sich einen Eindruck verschaffen“, begründet Schultz den Zeitplan. So wird der neueste Zugang, der Australier Jackson Irvine (28), seine Kollegen erst beim Fotoshooting und Training an diesem Donnerstag erstmals kennenlernen.

Christopher Avevor arbeitet für sein Comeback

„Die Spieler werden den Mannschaftsrat wählen, und ich werde daraus den Kapitän bestimmen. So habe ich es bisher immer gemacht“, erklärt der Trainer seien Plan. Zuletzt bestand der im Winter neu formierte Mannschaftsrat aus fünf Spielern. „Ich kann auch mit vier oder sechs leben, es muss aber keine Massenveranstaltung sein“, stellt er klar.

Fest stehen dürfte, dass es einen neuen Kapitän geben wird. Der bisherige Amtsinhaber Christopher Avevor (29) arbeitet nach zwei Operationen am Sprunggelenk in der Reha weiter fleißig für sein Comeback. Wann der Innenverteidiger allerdings wirklich wieder für ein Zweitligaspiel einsatzfähig sein wird, ist derzeit unabsehbar.

Nebulöse Aussage von Trainer Schultz

Etwas nebulös sagte Trainer Schultz in Bezug auf weitere Zugänge: „Wir tun gut daran, uns für alle Eventualitäten zu wappnen. Man darf nie ausschließen, dass Spieler den Verein noch verlassen oder aus der Rehazeit nicht wieder zurückkommen.“ Der letzte Halbsatz schien auf Avevor gemünzt zu sein, zumal St. Pauli derzeit keinen anderen ähnlich schwerwiegenden Rehafall hat.

Im Tor wird zwischen Zugang Nikola Vasilj (25) und dem vor einem Jahr von Hertha BSC gekommenen Dennis Smarsch (22) die Entscheidung um die Nummer eins in der Woche vor dem Heimspiel gegen Kiel fallen. „Die Jungs sollen die Zeit haben, sich zu zeigen und zu präsentieren. Dann ist es nur fair, wenn beide ein Spiel bekommen“, sagte Schultz. Wer am Sonnabend gegen Odense den Anfang macht, ließ er offen, lobte aber bei beiden ihre lauten Anweisungen und die Entschlossenheit, bei hohen Bällen das Tor zu verlassen. Schultz bekundete aber auch: „Die Entscheidung ist nicht nur von den Spielen abhängig.“

Stürmer Etienne Amenyido möglicherweise bald wieder dabei

Eine Option ist zudem, künftig mit vier statt bisher drei Torhütern regelmäßig im Training zu arbeiten. „Vielleicht holen wir noch einen Erfahrenen hinzu, der der Trainingsgruppe guttut. Das haben wir ja zuletzt auch an Tore Reginiussen gemerkt“, sagte Schultz zu den Plänen. Der 35 Jahre alte Norweger hatte im Januar die Abwehr verstärkt, ehe er nach der Saison seinen Rücktritt erklärt hatte. Als dritter Keeper zeigte sich auch Jesper Heim (21) in guter Verfassung. Er dürfte wohl weiter bei den Profis trainieren und in der U-23-Mannschaft Spielpraxis sammeln.

Von den aktuell angeschlagenen potenziellen Stammspielern steht Stürmer Etienne Amenyido (23, Achillesehnenprobleme) offenbar am dichtesten vor dem Comeback. „Wenn es bei Eti gut läuft, kann er gegen Odense vielleicht wieder ein bisschen auf dem Platz stehen“, sagte Schultz. Gleiches gelte für den leicht am Knie verletzten Lukas Daschner. „Bei James Lawrence werden wir das Risiko noch nicht eingehen, obwohl er schmerzfrei ist“, betonte Schultz mit Blick auf den Innenverteidiger. Außenverteidiger Sebastian Ohlsson, der schon Ende der vergangenen Saison ausgefallen war, stehe dagegen erst die komplette Laufbelastung unmittelbar bevor.

Stürmer Makienok war ein Gewinner des Trainingslagers

Als Gewinner des Trainingslagers darf sich in jedem Fall Simon Makienok (30) fühlen. Nicht allein mit seinen beiden Toren für Team „Grün“ im internen Spiel am Dienstag untermauerte der Stürmer den positiven Eindruck, den er in den ersten beiden Testspielen bei Hannover 96 (2:0) und BW Lohne (4:0) hinterlassen hatte. Es scheint, als habe der Däne durch die bisherigen Auftritte der Nationalmannschaft seines Heimatlandes einen Motivationsschub erhalten.

„Simon präsentiert sich momentan richtig gut auch mit der Art und Weise, wie er trainiert. Er wirkt sehr fit, sehr wach“, attestiert ihm Timo Schultz, der es als Vorteil sieht, im Sturm sehr unterschiedliche Spielertypen zu haben. Makienok verkörpert dabei mit seinen 2,01 Metern Länge den typischen „Zielspieler“, wie es im modernen Fußball-Deutsch heißt. Am Sonnabend gegen seine Landsleute vom BK Odense kann er seine nächste Empfehlung für einen Startelfplatz zum ersten Zweitligaspiel am 25. Juli abgeben.

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