Zweite Bundesliga

Die Logen des FC St. Pauli sind ausverkauft

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Carsten Harms
Bernd von Geldern (55), Geschäftsleiter Vertrieb des FC St. Pauli, hier im Kabinengang des Millerntor-Stadions.

Bernd von Geldern (55), Geschäftsleiter Vertrieb des FC St. Pauli, hier im Kabinengang des Millerntor-Stadions.

Foto: Andreas Laible

Bernd von Geldern, Geschäftsleiter Vertrieb, spricht über Vermarktungserfolge und plant eine virtuelle USA-Reise.

Hamburg. Die Nachricht, die Bernd von Geldern am Montag im Gespräch mit dem Abendblatt zu verkünden hatte, kann nach mehr als einem Jahr Corona-Krise durchaus als handfeste Überraschung gewertet werden. „Wir vermarkten im Moment die letzte Loge für die neue Saison, dann sind wir dort ausverkauft. Das hat es vorher noch nie gegeben“, berichtete der Geschäftsleiter Vertrieb des FC St. Pauli. Dabei gibt es im Millerntor-Stadion nicht weniger als 39 Logen, die hier stilecht unter der Bezeichnung Séparée firmieren.

Weniger als zehn Prozent Kündigungen habe es in diesem Frühjahr im Bereich der Logen und der mehr als 2000 Business-Seats gegeben, erzählt von Geldern. Sonst sei eher eine Kündigungsquote von 20 Prozent der Normalfall. „Insgesamt hilft uns die Treue unserer Anhänger im Hospitality-Bereich, der ja manchmal auch kritisch gesehen wird, schon wahnsinnig“, stellte er klar.

Lukratives Angebot

Allein die Sehnsucht und die Hoffnung, in der kommenden Saison endlich wieder Profifußball live im Stadion sehen zu können, sind es allerdings nicht gewesen, die dies ermöglicht haben. Gerade bei den Business-Seats hat der Club mit einem sehr lukrativen Angebot nachgeholfen. „Zum Beispiel haben wir Kunden, die Business-Seats haben, angeboten, gegen den Verzicht auf eine Rückerstattung zusätzliche Plätze zu bekommen. Das ist sehr gut angenommen worden“, berichtete von Geldern.

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Um jetzt dieses Resultat präsentieren zu können, waren darüber hinaus Hunderte von Telefonaten notwendig. Längst nicht nur die Mitarbeiter der vereinseigenen Vermarktung waren in dieser Hinsicht aktiv, vielmehr wurden auch Spieler wie Guido Burgstaller, Philipp Ziereis, Daniel Buballa und Luca Zander sowie Trainer Timo Schultz und Sportchef Andreas Bornemann in die Aktivitäten eingebunden. Auch Wertebotschafter Ewald Lienen war dabei.

200 individuelle Videos gedreht

Konkret wurden rund 200 individuelle Videos gedreht und an die Inhaber der Business-Seats verschickt. Dabei wandten sich Burgstaller und Co. mit einer persönlichen Botschaft an die einzelnen Kunden. „Die Spieler wissen, wie wichtig unsere Fans, Partner und Hospitality-Kunden für den Verein sind. Da mussten wir keine Überzeugungsarbeit leisten“, sagt von Geldern. Anders ausgedrückt: Den Profis ist bewusst, woher sie im Endeffekt ihr Gehalt beziehen.

Schon in der Saisonvorbereitung im vergangenen Spätsommer hatte es ein virtuelles „Meet and Greet“ mit dem neuen Trainerteam gegeben, an dem 150 Hospitality-Kunden und Vertreter von Sponsoren teilgenommen hatten. Bereits da sammelte Timo Schultz Sympathiepunkte. Doch es gab eben auch die ernüchternde sportliche Krise rund um den Jahreswechsel.

Breitgefächertes Programm

„Kurz vor Weihnachten haben wir noch unsere großen Partner abtelefoniert. Da war die Stimmung schon gedrückt“, erinnerte sich von Geldern nur ungern. „Wir mussten in der Zeit auch einen möglichen Abstieg durchdenken. Das waren meine sorgenvollsten Wochen in diesen kritischen, jetzt schon 13 Monaten der Corona-Krise.“ Die sportliche Erholung gepaart mit einem ansehnlichen Fußball, dazu der Heimsieg gegen den HSV – das alles war hilfreich auch für die Vermarktung.

Allzu gern würde Bernd von Geldern den neuen St.-Pauli-Fußball im Anschluss an die Zweitligasaison auch live in den USA zeigen. Doch dies ist ebenso wie vor einem Jahr Utopie. Nach den Reisen des Clubs im Frühjahr 2018 und 2019 in die Vereinigten Staaten wird es jetzt aber, voraussichtlich im Juni, einen virtuellen Trip dorthin geben. „Ähnlich wie bei den physischen Reisen wollen wir ein breitgefächertes Programm realisieren“, erzählte von Geldern. „Wir wollen zwei Tage lang aus der Levi‘s Musikschule im Millerntor-Stadion ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit unseren Freunden in den USA herüberbringen.“

„Der DFL wäre es wichtig, dass das auch in den USA ausgespielt wird“

Der Vertriebs-Geschäftsleiter hat diese Idee auch bereits der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorgetragen, die die Aktivitäten der deutschen Proficlubs im Ausland grundsätzlich positiv sieht. „Der DFL wäre es wichtig, dass das auch in den USA ausgespielt wird. Wir brauchen dazu unsere amerikanischen Partner“, sagt von Geldern.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Neben Levi’s kommen die Sponsoren Jack Daniel’s und Ben and Jerry’s aus den USA. Zudem pflegt St. Pauli Kontakte vor allem zu den Clubs Detroit FC, Oakland Roots, Portland Timbers und Cosmos New York. An den beiden ersten Reisen in die USA hatte sich der Ligaverband mit jeweils rund 100.000 Euro, was ungefähr die Hälfte der Kosten ausmachte, beteiligt.

Unterdessen wartet der FC St. Pauli noch ab, wann in diesem Jahr der Dauerkarten-Verkauf gestartet wird. „Wenn es klare Zeichen gibt, dass es in der neuen Saison Zuschauer geben darf, würden wir die Dauerkarten ausgeben. Wenn andererseits von der Politik klar gesagt werden würde, bis Weihnachten gibt es keine Zuschauer, müssen wir darauf reagieren“, sagte jetzt von Geldern. Vor einem Jahr hatte der Club den Verkauf wie gewohnt im Juni gestartet und hatte dafür auch Kritik geerntet.

Die beiden Abwehrspieler Philipp Ziereis und Leart Paqarada, die sich beim 2:1-Heimsieg gegen Fürth verletzt hatten, konnten am Montagnachmittag wieder Teile des Mannschaftstrainings absolvieren. Weiterhin fehlten hingegen die angeschlagenen Sebastian Ohlsson und Igor Matanovic.

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