Hamburg. Tausende von Sportlern weltweit fiebern dem 23. Juli kommenden Jahres entgegen – mit Ehrgeiz, Vorfreude, aber auch einer Portion Skepsis. An jenem Tag sollen in Tokio mit einem Jahr Verspätung die Olympischen Sommerspiele eröffnet werden. Auch Svend Brodersen, Torwart beim FC St. Pauli, hat diesen Termin im Blick, schließlich gehört er zum großen Kreis der Spieler, die der DFB vor Monaten als mögliche Olympiateilnehmer benannt hatte.
Für Brodersen könnte die Verschiebung ein Glücksfall sein, nachdem die abgelaufene Saison für den 23-Jährigen von Pech gekennzeichnet war. Im September 2019 setzte ihn ein Schlüsselbeinbruch außer Gefecht. St. Pauli holte Korbinian Müller (29) für die Position hinter Stammtorwart Robin Himmelmann (31) zurück. Nach seiner Genesung wurde Brodersen, um Spielpraxis zu sammeln, zur U-23-Mannschaft beordert. Nach nur drei Spielen war hier wegen der Corona-Pandemie Schluss.
Noch ein Jahr läuft Brodersens Vertrag beim FC St. Pauli, mit beidseitiger Option für weitere zwei Jahre. Doch auch wenn er nun wieder auf die Position direkt hinter Himmelmann rücken wird, will sich der aus Eimsbüttel stammende Brodersen trotz seiner schon zu Kinderzeiten begründeten Liebe zum Kiezclub beruflich verändern.
Beim DFB genießt Svend Brodersen einen hohen Stellenwert
„Svend hat den Anspruch, in der kommenden Saison zu spielen und sein Potenzial auch im Wettkampf zu zeigen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem regelmäßige Spielzeit für die persönliche und sportliche Entwicklung extrem wichtig ist“, sagt sein Berater Stefan Pluhar. „Aktuell gehen wir davon aus, dass dies beim FC St. Pauli trotz des Trainerwechsels kaum zu realisieren sein wird. Daher strebt Svend eine Veränderung an.“ Diese Einschätzung ist realistisch, auch weil es keinen triftigen Grund gibt, den erfahreneren und zuverlässigen Robin Himmelmann als Stammtorwart abzulösen.
So lotet Brodersens Berater aus, wo sein Klient seine Ziele erreichen kann. „Der Torwartmarkt in Deutschland ist natürlich gut besetzt, die Torhüter verfügen hier grundsätzlich über eine hohe Qualität. Es gibt für Svend derzeit aber einige Möglichkeiten. Uns liegen Anfragen aus Deutschland, aber auch von Clubs aus dem europäischen Ausland vor. In Deutschland könnte er beispielsweise bei einem Zweitligaclub in den offenen Kampf um die Nummer eins eintreten oder bei einem Drittligaclub die Nummer eins sein“, sagt Pluhar.
Es liegt auf der Hand, dass die Chance auf eine Olympiateilnahme steigt, wenn Brodersen jetzt regelmäßig in Profispielen seine Qualität zeigen kann. „Beim DFB genießt Svend einen hohen Stellenwert, die Trainer der U-Mannschaften haben immer auf ihn gebaut“, sagt Pluhar und nennt als Stärken des Torwarts „seine unglaubliche Physis, gepaart mit seiner Disziplin und vorbildlichen Einstellung“. Er habe weder vor Zweikämpfen noch vor großen Herausforderungen Angst.
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St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann sagt dazu: „Wir wissen von Svends Bestreben, nach einer Möglichkeit zu suchen, mehr als bisher zu spielen. Ich habe Verständnis dafür und Gesprächsbereitschaft signalisiert.“ Bornemann stellt aber auch klar: „Es ist bislang noch kein Verein konkret an uns herangetreten. Im Moment ist Svend fest bei uns als einer von zwei Torhütern eingeplant.“
Berater Stefan Pluhar sieht aber beim FC St. Pauli auch ein grundsätzliches Problem. „Ohne jemanden kritisieren zu wollen, ist es aus meiner Perspektive nicht nachvollziehbar, dass St. Pauli einen jungen Torwart, der aus den eigenen Reihen kommt und deutscher U-Nationaltorwart ist, bis jetzt nicht so zielgerichtet gefördert und Maßnahmen für ihn eingeleitet hat, dass man als Verein letztendlich von ihm, seiner Entwicklung und seiner Leistungsstärke profitiert“, sagt er.
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