Seit Oktober ist Remigius Elert Trainer der U23-Mannschaft und bildet Spieler für das Profi-Team aus. Doch der Talentschuppen ist bedroht: Steigt St. Paulis Profiteam ab, folgt der Zwangsabstieg.

Hamburg. Bei den Gedanken an sein Medien-Debüt als Trainer der Regionalliga-Mannschaft des FC St. Pauli schmunzelt Remigius Elert. Als er am 4. Oktober nach dem 1:2 im Derby beim Spitzenreiter HSV II die Leistung seiner neuen Mannschaft lobte, sah sich der 37-Jährige mit Fragen konfrontiert, ob er nicht unzufrieden über die Niederlage sei. Ein Journalist stellte ihn als Nachfolger des zum Cheftrainer der ersten Mannschaft beförderten Thomas Meggle sogar kaum verhüllt infrage. „Im Herrenbereich wird immer erst das Ergebnis kommentiert. Das war eine neue Erfahrung für mich“, blickt Elert zurück. „Wir haben den Trainer geholt, den wir holen wollten“, beendete St. Paulis erfahrener Liga-Obmann Hermann Klauck die damalige Diskussion auf der Pressekonferenz.

Bisher darf sich Klauck bestätigt fühlen. Drei Monate führt Elert, zuvor sieben Jahre im Nachwuchsleistungszentrum des Kiezklubs tätig, nun schon erfolgreich den Jugendstil des FC St. Pauli fort. „Seine Arbeit ist akribisch, zuverlässig und weitsichtig. Wir sind absolut zufrieden mit ihm“, lobt Klauck. Elert versteht sich als Teamarbeiter. Der A-Lizenzinhaber kann sich stundenlang leidenschaftlich über die Trainingsarbeit unterhalten. Eine fachliche Diskussion über Fußball ist ihm lieber als der schnell geklopfte Spruch. Klartext spricht er intern. Sein Motto? „Man muss alle gleich behandeln, nämlich individuell“, antwortet Elert.

Von Vorgaben, wann ein Spieler definitiv den Durchbruch schaffen müsse, hält er nichts. Jeden will er in seiner persönlichen Motivationsstruktur kitzeln und weiterentwickeln. Spricht Elert ans Team, greift er bei seinen Kabinenansprachen mit Unterstützung von Co-Trainer Fabian Boll zu ungewöhnliche Methoden. Mal ist es die absolute Stille in der Kabine vor dem Anpfiff, mal werden auf einem Fernseher motivierende Szenen gezeigt. „Werte wie Treue, Verlässlichkeit, Offenheit und Ehrlichkeit sind mir wichtiger als Schlagzeilen“, sagt er bescheiden.

Sehr viele hoffnungsvolle Talente

Auf den ersten Blick sind die Bedingungen für ihn prima. So viele hoffnungsvolle Talente hatte der Kiezklub selten. Sein Vorgänger Thomas Meggle, mittlerweile Sportdirektor des FC St. Pauli, beförderte in seiner Funktion als Cheftrainer der Zweitligamannschaft den defensiven Mittelfeldspieler Okan Kurt (neun Einsätze) und Rechtsverteidiger Andrej Startsev (sieben) auf das Spielfeld. Jüngst schnupperten Mittelfeldspieler Maurice Jerome Litka (drei) und Verteidiger Tjorben Uphoff (ein Einsatz) Profiluft. Sturmjuwel Nico Empen erzielte in Elerts Team zwei Treffer beim 4:2 gegen Oldenburg und erhielt inzwischen einen Profivertrag.

Im Kader der U23, aktuell Siebter der Regionalliga, schlummert noch viel mehr Potenzial, das Elert, der gegen alle Topteams antreten musste und dennoch 13 Punkte aus zehn Partien holte, wecken will. Spieler wie Okyere Wriedt oder Laurens Rogowski sind zwei von vielen Kandidaten für höhere Aufgaben.

Doch der Talentschuppen ist bedroht: Steigt St. Paulis Profiteam aus der Zweiten Liga ab, muss die zweite Mannschaft ebenfalls runter. Zweite Teams von Drittligisten erhalten in den Regionalligen kein Startrecht. Das hieße: Zwangsabstieg in die Oberliga Hamburg. „Das wäre der schlechteste Fall für die Entwicklung unserer Talente. Aber unser Verein wird all seine Kraft einsetzen, dass es dazu nicht kommt. Und wenn unsere Jungs oben dabei mithelfen können, werden wir uns alle darüber freuen“, sagt Elert.