Der neue Trainer Ewald Lienen nährt die Hoffnung auf einen Sieg im letzten Spiel des Jahres gegen den VfR Aalen

Hamburg. Als die Zweitliga-Spieler des FC St. Pauli am Donnerstagnachmittag am Flughafen Fuhlsbüttel gelandet waren und nach einer wieder einmal erfolglosen Dienstreise den Weg nach Hause antreten konnten, lagen für die meisten die aufregendsten 50 Stunden ihrer bisherigen Fußball-Karriere hinter ihnen. Alles hatte am Dienstagmittag begonnen, als sie nichts ahnend kurz vor dem Abschlusstraining im Leistungszentrum an der Kollaustraße über die Beurlaubung von Sportdirektor Rachid Azzouzi, die Versetzung von Cheftrainer Thomas Meggle auf den Sportchef-Posten und die Einstellung von Ewald Lienen als neuen Cheftrainer und Abder Ramdane als dessen Assistenten informiert worden waren. „Wir sind davon völlig überrascht worden, das hatte keiner von uns kommen sehen“, sagte Außenverteidiger und Torschütze Sebastian Schachten nach dem 1:2 am Mittwochabend beim Tabellenführer FC Ingolstadt.

Ein Training in Hamburg, Videoanalysen, Einzelgespräche mit dem neuen Trainerduo, das vom Ergebnis wieder einmal frustrierende Spiel im Audi-Sportpark, ein Training am Donnerstagmorgen noch in Ingolstadt und dann der Rückflug – so sah in Kurzform der Ausflug gen Süden aus. Manchem Spieler erschien es, als sei in den vergangenen zwei Tagen gerade ein Film vor seinem Auge abgelaufen – so irreal wirkte das abgelaufene Geschehen. Allein der Umstand, dass es auswärts wieder kein sportliches Erfolgserlebnis gab, war eine seit Monaten gewohnte Erfahrung.

Selbst der neue Cheftrainer Ewald Lienen, der eine Profifußball-Erfahrung als Spieler und Trainer von vier Jahrzehnten vorweisen kann, sagte: „Das war schon Hardcore. Ich habe es auch noch nicht erlebt, dass ein Trainer nur ein kurzes Training hat, um eine Mannschaft auf ein Spiel einzustellen.“ Und doch betonte er, dass der Wechsel kurz vor der Winterpause richtig gewesen sein, um vor der Vorbereitungsperiode im Januar auf die in der Rückrunde verbleibenden 15 Spiele noch wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.

Diese fielen trotz der Niederlage in Ingolstadt nicht ausschließlich negativ aus. „Punktemäßig gehen wir hier mit leeren Händen weg, aber nicht was die Schlüsse aus dem Spiel angeht“, sagte Trainer Lienen. „Wir haben uns in der defensiven Organisation verbessert. Ich bin zufrieden, dass wir kollektiv sehr gut verteidigt haben und die Spieler sich gegenseitig geholfen haben. Dazu haben wir in der zweiten Halbzeit auch mutiger nach vorn gespielt, hatten Ballstafetten und haben Druck erzeugt. Und wenn wir so nach vorne spielen, verteidigen wir damit auch, weil wir den Ball von unserem Tor fernhalten.“ Insgesamt kam Lienen zu dem Schluss: „Unsere Spieler sind in der Lage, guten Fußball zu spielen.“ Sebastian Schachten pflichtete bei: „Wir haben zeitweise mit dem Spitzenreiter mitgehalten.“

Doch während die Partie beim Spitzenreiter eher den Charakter eines Bonusspiels hatte, in dem es im Vorwege vermessen gewesen wäre, Punkte fest einzuplanen, so hat das anstehende Match am Sonnabend (13 Uhr) gegen den Tabellen-15. und ebenfalls abstiegsgefährdeten VfR Aalen schon eine ganz andere Bedeutung – sowohl in sportlicher als auch in psychologischer Hinsicht. Der Gegner von der Ostalb wird sich auf seine bekannte Defensiv- und Konterstärke besinnen, womit St. Pauli gerade in seinen Heimspielen der vergangenen Monate größte Probleme hatte. „Es wäre sehr wichtig, mit dem guten Gefühl eines Erfolgserlebnisses in die Winterpause zu gehen“, sagt Schachten. Und Kollege Michael Görlitz ergänzte: „Das Wochenende wird sehr wichtig. Für uns bietet das Spiel gegen Aalen die große Chance, die Herbstserie positiv zu beenden.“

Rein rechnerisch geht es vor allem darum, den Vorsprung von Gegner Aalen auf einen Punkt zu reduzieren und ihn keinesfalls – mit einer Niederlage – auf sieben anwachsen zu lassen. Görlitz spricht deshalb zu Recht von einem „Sechs-Punkte-Spiel“. Ein Festtagswunsch wird für St. Paulis Präsident Oke Göttlich aber auf jeden Fall unerfüllt bleiben. „Ich wünsche mir, dass wir Weihnachten auf Platz 15 stehen“, hatte er kürzlich noch gesagt. Nach dem 1:2 von Ingolstadt ist jetzt aber nur noch die Verbesserung vom letzten auf den vorletzten Platz möglich. Selbst Relegationsrang 16 ist angesichts der mit Abstand schlechtesten Tordifferenz (minus 19) aller 18 Teams realistisch nicht erreichbar.