Nach zweieinhalb Jahren Wartezeit ist der 25-Jährige St. Paulis Torwart Nummer eins

Hamburg. Robin Himmelmann hatte am Montag nach dem Sprint-, Sprung- und Laktattest mit seinen Teamkollegen des FC St. Pauli noch einen wichtigen, individuellen Termin. „Ich schreibe heute in Rahlstedt die letzte Klausur meines Studiums der Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspsychologie“, erzählte der 25 Jahre alte Torhüter. Das Thema lautete Verhaltensökonomie. „Danach muss ich nur noch bis Februar die Bachelorarbeit schreiben. Wenn ich beides bestehe, bin ich fertig“, sagte er weiter.

Auf dem Prüfstand steht Himmelmann derzeit auch bei seinem Arbeitgeber mehr denn je, seit er im Sommer 2012 von der zweiten Mannschaft des FC Schalke 04 ans Millerntor gewechselt ist – und zwar im positiven Sinne. Seit dem Auswärtsspiel am vergangenen Freitag beim VfL Bochum (3:3) hat er zunächst bis zur Winterpause den Status, St. Paulis Torwart Nummer eins zu sein. Cheftrainer Thomas Meggle hatte sich in der vergangenen Woche entschieden, Himmelmann anstelle des seit dreieinhalb Jahren als Stammtorwart gesetzten Philipp Tschauner eine Chance zu geben.

„Thomas Meggle und unser Torwarttrainer Mathias Hain haben es mir am Abend vor unserem Spiel in Bochum mitgeteilt“, berichtet Himmelmann. „Natürlich hofft man immer darauf, eine Chance zu bekommen. Und man bereitet sich in der Woche ja auch immer so vor, als wenn man am Wochenende spielen würde. Aber ich habe damit zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt gerechnet“, sagte Himmelmann am Montag. Einige Beobachter hatten allerdings den Wechsel auf der Torwartposition schon eine Woche früher erwartet, nachdem sich Philipp Tschauner zuletzt den einen oder anderen Patzer geleistet hatte.

Mit gut knapp acht Monaten Verspätung hat der in Moers am Niederrhein geborene Robin Himmelmann nun erstmals in seiner Karriere die Möglichkeit, sich im Profifußball zu profilieren. Im April hatte er schon einmal dicht davorgestanden. Im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern (2:3) war er in der 82. Spielminute für den verletzten Tschauner ins Spiel gekommen und sollte am 17. April im Auswärtsmatch bei Energie Cottbus von Beginn an spielen. Beim Aufwärmtraining vor der Partie in Cottbus geschah das immer noch Unglaubliche. Bei einem banalen Abwurf zog er sich einen Sehnenabriss in der rechten Schulter zu. Statt sein Können endlich in Punktspielen zeigen zu können, war für ihn nicht nur die Saison beendet, sondern auch schon klar, dass er sich auch zu Beginn der folgenden Saison noch mit einem Aufbautraining begnügen musste.

Eine Woche musste er damals auf die Operation warten, drei Wochen danach trug er den Arm in einer Schlinge. „Dennoch bin ich nicht in ein großes mentales Loch gefallen. Ich habe immer nach vorn geschaut“, sagt er rückblickend. „Robin ist charakterlich so gefestigt, dass er nach dieser doch sehr bitteren Erfahrung nicht verzweifelt ist“, sagt sein Berater Jörg Neblung. Womöglich beschleunigte diese positive Einstellung auch den Heilungsprozess, der letztlich schneller als erwartet verlief. Am 17. August schon gab Himmelmann beim Regionalligaspiel von St. Paulis U23-Mannschaft gegen Werder Bremen II (1:5) sein Comeback. Aufgrund der nun wieder intensiveren Belastung gab es noch ein paar Rückschläge in Form einer Sehnenreizung, seit geraumer Zeit aber ist der fokussiert und in keiner Weise extravagant wirkende Himmelmann wieder in bester körperlicher Verfassung.

Auch im Kopf spielt die schwere Blessur aus dem Frühjahr keine Rolle mehr. „Ich weiß, dass so ein Sehnenabriss für einen Torwart eine extrem seltene Verletzung ist. Daher wird es bei mir eine einmalige Sache bleiben“, sagt er und freut sich schon jetzt darauf, am kommenden Sonntag (13.30 Uhr) beim Heimspiel gegen Darmstadt 98 erstmals als Mitglied der Startelf zu einem Punktspiel ins Millerntor-Stadion einlaufen zu können. Nur im Regionalligaspiel gegen Kiel im April 2013, beim Abschiedsspiel für Fabian Boll im Oktober und als Einwechselspieler bei besagtem Match gegen Kaiserslautern hat er bisher hier auf dem Rasen gestanden.

Sein Verhältnis zum bisherigen Stammtorwart Philipp Tschauner, 29, empfindet Himmelmann als unbelastet. „Es ist ein gesunder Konkurrenzkampf zwischen uns – nicht mehr und auch nicht weniger“, sagt er. Privat allerdings verbringen die beiden keine Zeit miteinander. „Vor dem Spiel in Bochum hat er mir genauso Glück gewünscht, wie es alle anderen Spieler auch gemacht haben. Ich war aber so im Tunnel, dass ich es gar so nicht richtig mitbekommen habe“, berichtet Himmelmann.

Das Spiel selbst sei dann für ihn recht ungewöhnlich gewesen. Abgesehen von einer Parade am Anfang und trotz der drei Gegentore, an denen ihn keine Schuld trafen, habe er „nicht viel zu tun bekommen“. Dies dürfte sich in den kommenden drei Spielen bis zur Winterpause noch ändern.

Kapitän Sören Gonther ließ am Montag die Muskelverhärtung in der rechten Wade, die er am Freitag in Bochum erlitten hatte, behandeln. Für einen Einsatz gegen Darmstadt ist er zuversichtlich.