Für den Tabellenletzten FC St. Pauli wäre ein Sturz in die Dritte Liga mehr als ein kleiner Betriebsunfall

Hamburg. Als die Stammspieler des FC St. Pauli am Montag zu ihrem obligatorischen Regenerationslauf ins Niendorfer Gehege starteten, blies ihnen schon auf den ersten Metern ein eisiger Wind entgegen. Dies hatte einen Tag nach der 1:3-Heimniederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern und dem damit verbundenen Absturz auf den letzten Platz der Zweitligatabelle durchaus Symbolcharakter. Die Situation der Profimannschaft und des gesamtem Vereins ist dramatisch und für die mittelfristige Zukunft bedrohlich.

„Die Tabelle lügt nicht“, sagt Trainer Thomas Meggle denn auch mit voller Berechtigung. Nach nunmehr 15 Spieltagen ist der Faktor Zufall, der zu Saisonbeginn oft noch eine Rolle bei Tabellenplatzierungen spielt, weitgehend minimiert. Außer gegen den auf Platz zehn zurückgefallenen VfL Bochum und den Tabellenzweiten Darmstadt 98 hat das Team vom Millerntor gegen jedes Team der Zweiten Liga bereits gespielt. Herausgekommen sind dabei ganze drei Siege und drei Unentschieden sowie schon neun Niederlagen, fünf davon in den jüngsten sechs Punktspielen. Das letzte ungetrübte Erfolgserlebnis (3:0 gegen Union Berlin) liegt bereits fast zwei Monate zurück.

„Es sind schon viele Mannschaften durch so ein Tal gegangen und wieder herausgekommen. Ich sage den Spielern jetzt auch immer wieder, dass nach der Dunkelheit wieder die Sonne scheint, dass am Ende des Tunnels das Licht ist“, sagte Meggle am Montag und strich noch einmal heraus, dass er mit der Leistung seines Team in der zweiten Halbzeit gegen Kaiserslautern einverstanden war. Doch trotz aller Anstrengungen Meggles, die wenigen positiven Aspekte herauszustreichen und den eigenen Spielern Mut zuzusprechen, muss zum jetzigen Zeitpunkt ein Abstieg in die Dritte Liga als realistisches Szenario betrachtet werden.

„Ein Abstieg in die Dritte Liga wäre für unseren Verein eine sehr schwierige Herausforderung. Wir müssen alles dafür tun, dies zu verhindern“, hatte der seit gut zwei Wochen amtierende Präsident Oke Göttlich bereits vor seiner Wahl gesagt, nachdem er Einblick in die finanziellen Rahmendaten des Kiezclubs erhalten hatte.

Vor allem die Einnahmen aus der Fernsehvermarktung würden sich in der Dritten Liga um gut 90 Prozent reduzieren. In der vergangenen Saison erhielt St. Pauli 7,97 Millionen Euro an TV-Geldern, im aktuellen Geschäftsjahr werden es 8,15 Millionen Euro sein. An die Drittligisten werden jeweils nur 753.000 Euro pro Club ausgeschüttet.

Im Vergleich dazu gehen die Verantwortlichen des Clubs bei den anderen Einnahmequellen zwar von weniger dramatischen Einnahmerückgängen aus, die jedoch auch schmerzliche Folgen hätten. Insbesondere ist fraglich, ob sich die 39 Logen (Separées) sowie die Businessseats im Millerntor-Stadion (Einnahme 5,1 Millionen Euro) mit einer ähnlich guten Quote wie bisher verkaufen ließen. Zudem ist schwer einzuschätzen, wie sich die Zuschauerzahlen auf den „normalen“ Plätzen entwickeln werden. Die Erfahrungen aus St. Paulis Regionalligazeit von 2003 bis 2007 zeigen zwar, dass ein massiver Einbruch der Besucherzahlen auf unter 15.000 pro Spiel (derzeit 26.463) nicht zu erwarten ist. Andererseits aber wird es für den potenziellen Tageskartenkäufer bei einem dann fertiggestellten und mit knapp 30.000 Plätzen ausgestatteten Stadion nicht mehr den Druck geben, sich frühzeitig Ticket sichern zu müssen. Intern geht man bei St. Pauli davon aus, dass sich die Erlöse aus dem Ticketing von derzeit gut 6,2 Millionen Euro auf rund fünf Millionen Euro reduzieren würden.

Auch für die Sponsoren des FC St. Pauli würde ein Abstieg des Teams aus der Zweiten in die Dritte Liga einen erheblichen Verlust an medialer Präsenz und damit an Kontaktzahlen bedeuten. So überträgt der Pay-TV-Sender Sky die Dritte Liga weder als Einzelspiele noch als Konferenz. Und in der ARD-„Sportschau“ sind am Sonnabend nur ausgewählte Partien als Zusammenfassung zu sehen. Nach Informationen dieser Zeitung hat der FC St. Pauli allerdings mit seinem Vermarkter Ufa Sports eine Vereinbarung getroffen, nach der wenigstens im ersten Drittligajahr eine relativ großzügige Garantiesumme gezahlt wird, um die derzeit erwirtschafteten rund fünf Millionen Euro pro Jahr nicht ins Bodenlose fallen zu lassen.

Zusammengerechnet dürften sich die Gesamteinnahmen des FC St. Pauli von aktuell knapp 31 Millionen auf rund 20 Millionen Euro in der Dritten Liga reduzieren. Dies hätte Einsparungen in allen Bereichen zur Folge, auch im Personalbestand der Geschäftsstelle. Auch die gut acht Millionen Euro, die in dieser Saison für das Profiteam ausgegeben werden, werden nicht zu halten sein. Dies allerdings ist besonders kritisch, weil eine Mannschaft, die sich als nicht gut genug für die Zweite Liga erweist und absteigt, für das Ziel des direkten Wiederaufstiegs eher personell verstärkt werden müsste.

Insofern ist es sinnvoller, in der Winterpause ein gewisses finanzielles Risiko einzugehen, sich personell zu verstärken und damit alles für den Klassenverbleib zu tun, als sich auf das sportliche und finanzielle Vabanquespiel der Dritten Liga einzulassen. Noch hält sich Trainer Meggle in Sachen Wintertransfers öffentlich bedeckt, wohl auch, weil er die vorhandenen Spieler weiter in die Pflicht nehmen will. Präsident Göttlich hat bereits signalisiert, sich einem Wunsch nach Neuverpflichtungen nicht zu verschließen: „Selbstverständlich werden wir versuchen, etwas gangbar zu machen. Alle Optionen, die im Rahmen der Möglichkeiten sind, werden bedacht“, sagt er.