Dieter Jurgeit, Chef der PSD Bank Nord, ist der bekannteste der 16 Bewerber für die sieben Posten im Aufsichtsrat des Kiezclubs

Hamburg. Wer den Sitzungssaal in der PSD Bank am Wandsbeker Markt betritt, kann nicht übersehen, für welchen Club hier das Herz schlägt. An der Stirnseite prangt ein riesiges Foto, auf dem St. Paulis Torwart Philipp Tschauner auf Knien einen Treffer seiner Kollegen, die weiter im Hintergrund zu sehen sind, bejubelt. Rechts oben, in der Ecke des Millerntor-Stadions, prangt der Schriftzug PSD Bank, ebenso auf einer Bandenwerbung vor der Haupttribüne. „Das war eine tolle Zeit“, sagt Dieter Jurgeit, Chef der PSD Bank Nord eG, die bis vor zwei Jahren ein Sponsor des Kiezclubs war. Inzwischen engagiert sich die Genossenschaftsbank bei sozialen Projekten rund um den FC St. Pauli und im Stadtteil.

Diese Veränderung ist auch der Grund dafür, dass der 55 Jahre alte Jurgeit am kommenden Sonntag bei der Jahreshauptversammlung im CCH guten Gewissens und ohne den Verdacht, geschäftliche Interessen zu verfolgen, für den Aufsichtsrat des FC St. Pauli kandidiert. „Wir haben St. Pauli auch keinen Cent für den Ausbau des Stadions gegeben“, stellt Jurgeit ebenfalls gleich klar. Für ihn ist der Kiezclub dennoch eine Herzensangelegenheit. Seit 2010 ist er Mitglied und gehört der Abteilung Fördernde Mitglieder (AFM) an, die allein zwölf der 16 Kandidaten stellt. Von der AFM-Führung wird denn auch eine Wahlempfehlung ausgegeben, allerdings nur für vier Bewerber. Jurgeit gehört nicht dazu.

Auf den ersten Blick scheint dies verständlich, denn ein Bank-Chef passt ja eigentlich nicht so recht in das idealtypische Profil eines AFM-Protagonisten. Doch Dieter Jurgeit hat nur wenig gemein mit jenen Bank-Bossen, die ebenso abgehoben wie unnahbar wirken. Jurgeit ist ein ganz anderer Typ. Seinen Kölner Zungenschlag versucht er gar nicht erst zu verbergen, er plaudert gut gelaunt drauflos und bringt seinen Gesprächspartner zum Schmunzeln. Den Aufsichtsrat bei der PSD Bank, so erzählt er, habe er damals innerhalb von Minuten vom Engagement beim FC St. Pauli überzeugen können. Man glaubt ihm dies ohne Weiteres.

Jetzt also will Dieter Jurgeit selbst Aufsichtsrat beim FC St. Pauli werden und künftig das neue, von Oke Göttlich geführte Präsidium, wenn dies wie erwartet die Mehrheit bekommt, kontrollieren. „Mein Hauptmotiv für die Kandidatur ist die Tatsache, dass diesmal Vorstand und Aufsichtsrat zur gleichen Zeit neu gewählt werden. Der Verein steht also vor einer Richtungswahl.

Meine Überlegung war, dass in beiden Gremien unbedingt Finanzkompetenz vertreten sein muss. Diese Kompetenz möchte ich dem Verein gern ehrenamtlich zur Verfügung stellen – und zwar rein als Privatmann. Unsere Bank hat kein finanzielles Engagement im Verein, somit bin ich in meinen Entscheidungen frei. Außerdem will ich auch das Thema soziales Engagement ganz groß schreiben, denn als Vorstandsvorsitzender einer sozial engagierten Genossenschaftsbank lebe ich diesen Grundsatz täglich“, sagt Jurgeit.

Die Konkurrenz am Sonntag ist groß, Jurgeit schreckt dies nicht ab. „Ich bin ein großer Freund von freien Wahlen und freue mich, dass sich so viele Bewerber aus unterschiedlichsten Bereichen des Vereins zur Wahl stellen. Dies zeigt, wie facettenreich unser geliebter FC St. Pauli ist und dass der Verein alle diese Gruppierungen braucht. Keiner, der am Ende nicht gewählt wird, ist ein Verlierer oder trägt einen Imageverlust davon“, erklärt Dieter Jurgeit, der seinen Mitbewerbern in der vergangenen Woche bei der Vorstellung vor den Mitgliedern begegnet ist. Er berichtet von einer freundschaftlichen Atmosphäre.

Dabei ist er zuversichtlich, dass es auch ein konstruktives Verhältnis zum künftigen Vorstand geben wird. „Ich kenne Oke Göttlich schon seit längerer Zeit und habe von ihm einen sehr positiven Eindruck. Er ist ein unaufgeregter und sehr gut überlegender Mensch, dem ich aufgrund seiner wirtschaftlichen Erfolge eine sehr gute Präsidentschaft zutraue. Er genießt im Verein auch einen sehr guten Ruf als Mediator. Zudem wirkt auf mich das gesamte designierte Präsidium überzeugend“, sagt Jurgeit, betont aber auch, dass das bisherige Präsidium „eine hervorragende Arbeit geleistet“ hat.

Sorgen macht ihm die aktuelle sportliche Misere. „Wenn es nicht gelingt, beständig unter den Top 25 in Deutschland zu sein, werden wir deutliche Einbußen bei unseren Fernsehgeldern haben, was sich auf den langfristigen Finanzierungsplan negativ auswirkt“, sagt er. Denn der Club müsse seinen Verpflichtungen im Stadionbau nachkommen und gleichzeitig Mittel in die Profimannschaft investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.