Durch den 3:0-Sieg gegen Union Berlin hat der FC St. Pauli die Abstiegszone verlassen. Trainer Meggle lobt sein Team

Hamburg. Beim Auslaufen, über eine halbe Stunde nach Spielende, standen immer noch einige Fans auf den Rängen und bejubelten ihre Mannschaft. So, wie sie es im ausverkauften Stadion vor der Partie getan hatten, während der Partie und vor allem nach der Partie. Ausgelassen, begeistert, glücklich: „St. Pauli, St. Pauli!“ „Ich wusste, dass es schön wird, wenn wir gewinnen“, sagte Enis Alushi, „aber dass man so gefeiert wird, dass Siege so geil sind, das hätte ich nicht gedacht.“

Am Sonnabend beim 3:0-Sieg gegen Union Berlin vor 29.063 Fans bekam auch der Zugang aus Kaiserslautern seine erste volle Erfolgsdröhnung beim FC St. Pauli verpasst. Erstmals durfte der 28-Jährige von Anfang an auflaufen, erstmals das gesamte Match durchspielen. Sofort dirigierte er seine Mitspieler, gestikulierte, stellte seine jungen Kollegen ein. Genau dafür war der Deutschkosovare noch kurz vor Ende der Transferperiode aus der Pfalz geholt worden. „Seine Erfahrung wird uns guttun“, hatte Sportdirektor Rachid Azzouzi damals die kurzfristige Verpflichtung begründet.

Die Rolle des erfahrenen Strategen hatte in den ersten Spielen unter Trainer Thomas Meggle der 32 Jahre alte Florian Kringe eingenommen, auch weil Alushi nach einer Zerrung noch nicht voll einsatzfähig war. Nach Kurzeinsätzen in den letzten beiden Partien aber war es nun so weit, dass er erstmals zu „Hells Bells“ durch den Spielertunnel auf den Platz durfte. „Er bringt Voraussetzungen mit, die richtig gut sind“, schwärmte Meggle, „er hat stets den Blick nach vorne, kann Dinge durch seine Technik auch gut lösen.“

Und offenbar klappt das Verständnis mit seinen zentralen Mitspielern Dennis Daube und Okan Kurt exzellent. Der erst 19 Jahre alte Kurt ließ sich von den dreien am weitesten zurückfallen, Daube war der offensivste, dazwischen agierte Alushi. Doch sie tauchten auch immer mal wieder ganz woanders auf. „Es war uns erlaubt, die Positionen zu wechseln, das haben wir gut gemacht“, sagte Alushi. „Wir bekommen die Spielabläufe immer besser hin“, freute sich Okan Kurt.

Reife oder Ergebnisverwaltung

Natürlich profitierte St. Pauli von dem Foul von Björn Jopik in der 22. Minute an Mittelstürmer Ante Budimir, der den Vorzug vor John Verhoek erhalten hatte. Elfmeter und Rote Karte waren die Folge, das 1:0 durch Christopher Nöthe und 68 Minuten Überzahl. Davor hatte Union mit Pressing und Forechecking St. Paulis Spielaufbau ernsthaft gestört, danach ging bei den Berlinern nicht mehr viel. „Wir haben gehofft, mit Kontern oder durch Standardsituationen zum Erfolg zu kommen“, sagte Trainer Norbert Düwel.

Das aber ließ St. Pauli nicht zu. Sie spielten geduldig, teilweise sah es nach Ergebnisverwaltung aus, für Trainer Meggle aber war es Reife: „Es war am Ende einfach, gegen eine dezimierte Mannschaft können auch gefährliche Situationen entstehen, aber die Jungs haben die Situation bravourös und gut gemeistert und super Lösungen gefunden.“ Marc Rzatkowski (73.) und John Verhoek (83.) machten schließlich den Deckel auf das Spiel. „Ein rundum schöner Tag“, freute sich der Trainer.

Sieben Punkte aus den letzten drei Partien hat der FC St. Pauli nun geholt, und es hätte sogar die Maximalausbeute werden können, wäre beim 3:3 gegen den FSV Frankfurt nicht eine 2:0-Führung noch verspielt worden. Angesichts der immer noch angespannten Personallage ohne etablierte Kräfte wie Kapitän Sören Gonther, Sebastian Schachten, Christopher Buchtmann, Jan-Philipp Kalla oder Marcel Halstenberg eine kaum für möglich gehaltene Leistung. „Es war sensationell, wie die Jungs umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben“, sagte Meggle, „es ist erstaunlich, was der menschliche Körper leisten kann.“

Insbesondere der 20 Jahre alte Andrej Startsev und Kurt haben ihre Chance genutzt, sich nachhaltig zu empfehlen. „Für mich war das keine Überraschung, ich kenne die Jungs ja aus der U23“, sagte Meggle. Aber auch Philipp Ziereis (21) und Lasse Sobich (23), Rzatkowski (24), Lennart Thy (22) und Budimir (23) sowie Daube (25), der grade erst nach einjähriger Verletzung wieder Fuß gefasst hat, sind noch jung und/oder unerfahren. „Ich habe nie gesagt, dass wir eine Notelf haben“, betonte Meggle, „wir haben einen Kader mit Qualität, wenn welche ausfallen, müssen andere einspringen.“ Die Länderspielpause kommt ihm trotz der Erfolgsserie gelegen. Nach und nach wird sich der Kader wieder auffüllen, weiter kann an der Abstimmung gearbeitet werden. Dass sein Team mit Platz zehn nun etwas Abstand zur Abstiegszone herausgespielt hat und auf dem Sprung nach oben scheint, interessiert Meggle angeblich nicht: „Es gibt in dieser Liga keine Komfortzone.“

Für ihn zählte nach der langen Heimkrise mit zahlreichen Gruselkicks am Millerntor etwas ganz anderes: „Es ist schön zu sehen, dass unser Publikum diese Mannschaft wieder annimmt.“ Oder, um es mit Enis Alushi zu sagen, „dass es so geil ist“.