Der FC St. Pauli erkämpft sich mit Debütanten und Reservisten erlösenden 1:0-Erfolg über Eintracht Braunschweig

Hamburg. Philipp Tschauner stürmte aus seinem Tor Richtung Ersatzbank, als Schiedsrichter Peter Sippel nach vier unendlich scheinenden Nachspielminuten das Spiel abgepfiffen hatte. Endlich hatte sein Team des FC St. Pauli wieder gewonnen, und endlich, genauer gesagt erstmals in dieser Saison, hatte es kein Gegentor gegeben. Der 1:0 (1:0)-Sieg gegen Eintracht Braunschweig am Dienstagabend war keine spielerische Glanztat, aber ein aufgrund der dramatischen Umstände erlösender und befreiender Sieg.

„Wir haben uns vor dem Spiel vorgenommen, keinen Millimeter Rasen herzuschenken. Und genau das haben wir auch so umgesetzt. Von mir aus können wir auch die nächsten drei Spiele auf diese Weise gewinnen, danach können wir uns dann auch mal über mehr spielerische Dinge unterhalten“, sagte Ersatzkapitän Tschauner.

St.Paulis Trainer Thomas Meggle lobte: „Es ist großartig, was die Mannschaft heute geleistet hat. Die drei Punkte tun uns gerade in unserer Situation sehr gut.“ Als Tabellen-17. war sein Team, das er wegen seiner Sperre noch einmal von der Tribüne aus verfolgte, genauer aus der Club-Loge der Haupttribüne, ins Spiel gegangen und wäre bei einer Niederlage sogar auf den letzten Platz zurückgefallen.

Vier Stunden vor dem Anpfiff hatte Meggle einen Anruf von Markus Thorandt erhalten. Der Innenverteidiger, der noch das Aufwärmen am Vormittag absolviert hatte und für die Startformation vorgesehen war, meldete sich mit einem Magen-Darm-Infekt ab. Der Routinier war damit der achte potenzielle Anfangself-Spieler, der wegen einer Verletzung oder Krankheit nicht zur Verfügung stand. „Das war noch das I-Tüpfelchen auf unsere prekäre Situation“, sagte Meggle später.

Trotz dieser extrem angespannten Personalsituation traute sich Meggle, im defensiven Mittelfeld den talentierten, aber unerfahrenen Okan Kurt von Beginn an spielen zu lassen. Für Tom Trybull, der hier zuletzt noch erste Wahl war, blieb nicht einmal ein Platz im 18er-Kader. Für Kurt war es der erste Startelf-Einsatz im Profifußball. Gleiches galt für Andrej Startsev, den Meggle als rechten Außenverteidiger aufgeboten hatte, weil weder Sebastian Schachten noch Bernd Nehrig zur Verfügung standen. „Die beiden Kleinen haben ihren Job heute einfach riesig gemacht“, sagte Tschauner.

Von den zuletzt ausgefallenen Spielern konnte wenigstens Innenverteidiger Lasse Sobiech wieder dabei sein. Dies erwies sich als echter Glücksfall. Mit seiner bekannten Kopfballstärke, aber auch bei flachen Bällen wirkte er aufmerksam und sicher und gab so St.Paulis Defensive Stabilität. Seine auffälligste Szene aber hatte Sobiech im gegnerischen Strafraum. Nach einem Eckball von Dennis Daube flog der Ball zunächst am Tor vorbei, per Rückzieher brachte ihn Florian Kringe wieder in die Strafraummitte, per Hechtsprung und Kopfball erzielte Sobiech das frühe 1:0 (15.) für St. Pauli.

„Es war natürlich auch Glück dabei. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich habe Lasse gesehen“, sagte Kringe nach dem Spiel. „Aber wie Lasse den Ball dann rüberdrückt, war auch eine Willensleistung.“ Torschütze Sobiech, der noch unter einer angebrochenen Rippe leidet, sagte: „Am Montag habe ich einen Rippenpanzer aus Carbon bekommen, um in die Zweikämpfe gehen zu können. Damit war der Schmerz aushaltbar. Es ist natürlich wie im Bilderbuch, wenn man sich trotz Schmerzen reinhaut und dann mit einem Tor belohnt wird.“

Diese spielentscheidende Szene war die erste nennenswerte Torchance – und sollte auch lange Zeit die einzige bleiben. Stattdessen sorgten Fouls und unverständliche Entscheidungen von Peter Sippel für Aufregung auf dem Platz und den Rängen. Es war geradezu ein Witz, dass Braunschweigs Mirko Boland für sein brutales, fast rotwürdiges Foul an Marc Rzatkowski nicht einmal Gelb sah, wenig später aber St. Paulis Philipp Ziereis für ein völlig harmloses Vergehen verwarnt wurde.

Dies alles aber spielte am Ende keine Rolle mehr. Nachdem Torwart Tschauner in der 60. Minute einen gefährlichen Schuss des Braunschweigers Hendrick Zuck mit einer Faust zur Ecke gelenkt hatte, boten sich den Niedersachsen praktisch keine Torchancen mehr. Auf der Gegenseite scheiterte Daube noch mit einem 16-Meter-Schuss. Doch das konnte den Schlussjubel nicht trüben, an dem sich mit Tjorben Uphoff ein weiterer Debütant beteiligen durfte.