Der FC St. Pauli und Trainer Roland Vrabec können im DFB-Pokalspiel in Rathenow selbst mit einem Sieg nicht viel gewinnen. Verteidiger Sobiech droht auszufallen.

Hamburg. Eine Mischung aus Ursachenforschung und moralischer Aufbauarbeit stand in dieser Woche beim FC St. Pauli auf der Tagesordnung. Der desaströse Auftritt der Mannschaft beim jüngsten Zweitligaspiel am vergangenen Freitag beim VfR Aalen (0:2) ist noch längst nicht vergessen. Doch eine wirklich plausible Antwort, warum sich das Millerntor-Team in nahezu jeder Hinsicht so unerwartet schwach präsentiert hatte, konnten Trainer Roland Vrabec und Sportdirektor Rachid Azzouzi offenbar nicht ausfindig machen. „Man wird nicht den einen Punkt finden, warum es so war“, sagte Vrabec am Donnerstag. „Natürlich muss sich jeder hinterfragen, aber man muss die Spieler jetzt auch an die Hand nehmen, damit sie sich sicherer fühlen. Es gab keine Krisensitzung und keine persönlichen Schuldzuweisungen.“

Seit Mittwoch bereitet Vrabec sein Team sogar unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf die nächste Aufgabe, das DFB-Pokalspiel bei Optik Rathenow am Sonnabend (15.30 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de), vor. „Es ist keine normale Woche. Wenn wir in Aalen gewonnen hätten, wäre die Vorbereitung eine andere gewesen“, räumte Vrabec ein. „Doch jetzt müssen die Spieler wieder Sicherheit bekommen. Sie können es besser. Aber das müssen sie auch auf den Platz bringen.“

Als ein Einigeln will der in die Kritik geratene Cheftrainer die vier Trainingseinheiten hinter verschlossenen Türen allerdings nicht verstanden wissen. „Ich weiß, dass vor zwei Wochen jeden Tag ein Scout des FC Ingolstadt unser Training beobachtet hat. Und in der vergangenen Woche war auch einer vom VfR Aalen da. Deshalb werden wir künftig mindestens jeweils die beiden letzten Einheiten vor einem Spiel ohne Zuschauer absolvieren“, sagte Vrabec.

Im Normalfall sollte der Fünftligist Rathenow für das Team des FC St. Pauli keine Hürde darstellen, auch wenn die Brandenburger, die nach dem Abstieg aus der Regionalliga im Frühjahr 15 Spieler verloren, ihre ersten beiden Saisonspiele in der NOFV-Oberliga bei Hertha Zehlendorf (3:2) und zu Hause gegen Fürstenwalde (2:1) gewinnen konnten. St. Paulis Co-Trainer Timo Schultz hatte sich das jüngste Spiel angeschaut. Über dessen Erkenntnisse wollte Vrabec allerdings nicht viele Worte verlieren. „Der Fokus liegt ganz klar bei uns. Wir müssen unsere Stärken durchsetzen. Dazu gehört aber nicht nur die Physis, sondern auch der Kopf. Wir müssen bissig und willig sein“, sagte der Trainer.

Spannend ist dabei, ob und, wenn ja, wie er seine Mannschaft personell umbaut. „Nach so einem Spiel wie in Aalen gibt es immer zwei Möglichkeiten. Entweder man ändert sehr viel oder gar nichts, um dann den betreffenden Spielern die Chance zur Wiedergutmachung zu geben“, sagte Vrabec. Er ließ aber völlig offen, in welche Richtung er tendiert. Dabei könnte er allerdings notgedrungen auf Lasse Sobiech verzichten. Den Innenverteidiger plagen Adduktorenprobleme. Diese haben ihre Ursache wahrscheinlich von einem Schneidezahn, der vor zwei Wochen im Training bei einem Zusammenprall abgebrochen worden war. Nachdem der Restzahn zunächst erhalten werden sollte, ist er inzwischen gezogen worden. Definitiv verzichten muss der Trainer nur auf Marcel Halstenberg und Florian Kringe wegen eines zu großen Trainingsrückstandes nach ihren muskulären Problemen. Insofern hätte er also genügend personelle Alternativen für eine völlig veränderte Startelf.

Unterdessen wollte Vrabec die Einschätzung, er arbeite für zwei Spiele auf Bewährung, nicht teilen. „Davon höre ich zum ersten Mal. Ich arbeite wie bisher maximal“, sagte er. Im Falle eines Ausscheidens aus dem DFB-Pokal beim Oberligisten Rathenow dürfte es unwahrscheinlich sein, dass das Präsidium noch das Heimspiel gegen den SV Sandhausen am 22. August abwartet, um eine Entscheidung zu treffen. Ein Sieg in Rathenow wird andererseits die Position des Cheftrainers allein deshalb nicht nachhaltig stärken, weil ein fünftklassiges Team kein Maßstab für eine ambitionierte Zweitliga-Mannschaft ist. So gesehen ist das Pokalspiel für Vrabec und sein verunsichertes Team eine sehr undankbare Pflichtaufgabe.

Torwart Robin Himmelmann, der sich am 17. April einen Sehnenabriss in der rechten Schulter zugezogen hatte, wird am Wochenende erstmals wieder ein Pflichtspiel bestreiten. Er tritt mit St. Paulis U23-Team in der Regionalliga am Sonntag (14 Uhr, Norderstedt) gegen die U23 von Werder Bremen an.