St. Paulis Torwart sagt: „Unser Ziel muss sein, die Null zu halten.“ Vrabec setzt Geheimtraining an

Hamburg. Ihn hatte Rachid Azzouzi ausdrücklich von jeglicher Schuld befreit. „Jeder Einzelne hat, außer Torwart Tschauner, in Aalen noch nicht einmal Normalform gezeigt“, kritisierte der Sportchef nach der desaströsen 0:2-Pleite in Aalen am vergangenen Freitag. Torhüter Philipp Tschauner hatte in den ersten beiden Saisonspielen als einziger Profi des FC St. Pauli gute Leistungen abgerufen. Doch weil seine Vorderleute zuletzt kollektiv versagten, machte sich auch Tschauner nun „zwei, drei Tage länger Gedanken“ als üblich.

Der von Roland Vrabec vor der Saison zum Vize-Kapitän ernannte Profi fordert nach der vom Trainer als „beschämend“ bezeichneten Leistung nun eine deutliche Reaktion. „In dieser Woche steht im Fokus, dass sich jeder von uns in den Zustand bringt, Aalen vergessen machen zu können“, sagt der 28-Jährige. „Wir müssen im Pokal in Rathenow souverän auftreten, kein Schützenfest feiern, sondern einfach einen Schritt nach vorne machen.“

Innerhalb der Mannschaft sollen nach Abendblatt-Informationen einige Spieler zuletzt über mangelnde Frische nach der harten Vorbereitung geklagt haben. Als Ausrede für die Leistungen will Tschauner dies aber nicht sehen. „Wir hatten eine gute Vorbereitung. Dass zu Beginn alles ein bisschen stotterig und qualvoll ist, empfinde ich als normal. Im Laufe der nächsten Spiele sollte das besser werden, und jeder Spieler muss nun dafür sorgen, dass dies auch der Fall ist“, sagt er.

Neben der körperlichen Verfassung war auch das offensive Spielsystem mit hochstehenden Außenverteidigern in die Kritik geraten. Tschauner sieht in der generellen Ausrichtung zwar nicht die Ursache, gleichwohl fordert er eine defensivere Spielweise. „Unser Ziel muss erst einmal sein, die Null zu halten. Hinten sicher zu stehen muss unsere Tugend sein.“ Worte, die auch als Kritik an Vrabec verstanden werden könnten. Der Coach setzte am Montag für die drei Tage vor dem DFB-Pokalauftakt Einheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit an. Womöglich will er ein verändertes System einstudieren.

Tschauner, der auf dem Platz und auch in der Kabine häufig lautstark das Wort ergreift, gab sich im Gespräch mit den Pressevertretern am Montag ungewohnt ruhig, scheint seiner Rolle als Führungsfigur in der Krise sachlich Nachdruck verleihen zu wollen. Zwar hatte Vrabec ihn zum Vertreter des Kapitäns Sören Gonthers ernannt, das Team wählte ihn aber nicht in den fünfköpfigen Mannschaftsrat und dokumentierte so bereits erste Risse im Gefüge. Intern soll Tschauner über seine Nicht-Wahl äußerst überrascht gewesen sein. Öffentlich gibt er sich diplomatisch: „Im Gegenteil: Ich bin eher froh, dass auch andere Spieler mehr Verantwortung übernehmen müssen.“

Gleichwohl sieht er sich nach dem katastrophalen Auftakt in der Pflicht. „Sören, ich und auch andere Spieler sind Personen, an denen man sich jetzt aufrichten kann“, erklärt er, „das gegenseitige Motivieren muss im Vordergrund stehen.“

Sören Gonther musste das Training abbrechen, begab sich mit bandagiertem Knie in ärztliche Hände. Eine Diagnose wird am Dienstagmorgen erwartet.