Der Zweitligist braucht neue Führungsspieler und fahndet nach einem Stürmer mit Format. Eine Analyse des Kaders

Hamburg. Zwei Neuzugänge wurden in Michael Görlitz und Daniel Buballa bereits am Millerntor präsentiert, 20 Profis des aktuellen Kaders haben gültige Arbeitspapiere für die neue Spielzeit. Während die Spieler des FC St. Pauli nun den wohlverdienten Sommerurlaub angetreten haben, sucht Sportchef Rachid Azzouzi weiter nach Verstärkungen. Mindestens zwei Akteure sollen noch zum Team hinzustoßen. Gesucht werden Persönlichkeiten, die die Vielzahl an jungen Talenten führen können – und ohne Anlaufzeit für Tore sorgen. Die Kaderanalyse:

Torhüter: Der große Konkurrenzkampf im Tor ist vorerst abgesagt. Philipp Tschauner, dessen Vertrag 2015 ausläuft, wird konkurrenzlos als Nummer eins starten. Eigentlich hatte Trainer Roland Vrabec in der Vorbereitung ein offenes Rennen zwischen Tschauner und Robin Himmelmann ausrufen wollen, die Schulterverletzung des 25-Jährigen macht dies jedoch unmöglich. Himmelmann wird voraussichtlich erst weit nach Vorbereitungsbeginn einsteigen können. Philipp Heerwagen bekam nur aufgrund der Verletzung einen neuen Kontrakt über ein Jahr. Möglicherweise soll zusätzlich ein junger Nachwuchstorwart verpflichtet werden.

Abwehr: Das Grundgerüst von Vrabec und Azzouzi steht, nun arbeitet der Sportchef am Feinschliff. Ein gestandener Innenverteidiger soll kommen und den Druck auf den 33-jährigen Markus Thorandt erhöhen. Ihm waren in der vergangenen Spielzeit mehrere entscheidende Fehler unterlaufen, die zu Gegentoren führten. Kein Team der oberen Tabellenhälfte kassierte mehr Gegentreffer als der Tabellen-Achte mit 49. Wunschverstärkung Mergim Mavraj entschied sich für einen Wechsel von Greuther Fürth zu Aufsteiger 1. FC Köln. Marcel Halstenberg, der bislang vorwiegend als Linksverteidiger oder im defensiven Mittelfeld zum Einsatz kam, soll sich nun für einen Platz in der Abwehrmitte bewerben.

Der zweite Posten ist bereits fest an Sören Gonther vergeben. Der 27-Jährige, der seinen Vertrag im Januar bis 2017 verlängert hat, soll zur rechten Hand des Trainers aufgebaut werden und elementare Führungsaufgaben im Team übernehmen. An seiner Kämpfermentalität, Routine und der positiv unaufgeregten Art sollen sich die jungen Profis orientieren. Vorweggehen, so lautet auch der Auftrag an Sebastian Schachten. Der neue Publikumsliebling, der auf beiden Außenbahnen eingesetzt werden kann, ist fest für die Rolle auf der rechten Seite vorgesehen. Schachtens Gegenüber auf Linksaußen soll Neuzugang Daniel Buballa (24/VfR Aalen) werden.

Mittelfeld: Spätestens im Frühjahr der abgelaufenen Saison, als St. Pauli den Anschluss an die Spitzenplätze verlor, wurde die Führungsschwäche im Team deutlich. Mit Kapitän Fabian Boll hat nun der letzte Anführer seine Karriere beendet. Dringend benötigt Vrabec im Mittelfeld deshalb lautstarke Spieler. Technisch hochveranlagte Profis wie Christopher Buchtmann, Marc Rzatkowski und Sebastian Maier können dem Spiel der Hamburger zwar Glanz verleihen, die Kämpfermentalität fehlte bisweilen in entscheidenden Situationen. Neuzugang Michael Görlitz, 27, soll mit seiner Erfahrung aus 103 Spielen für den schwedischen Erstligisten Halmstads BK und 69 Zweitliga-Partien für den FSV Frankfurt Vorbild sein und Verantwortung übernehmen.

Sturm: Die größte Baustelle auf St. Pauli ist auch ein Jahr nach dem Abgang von Daniel Ginczek (18 Treffer) der Angriff. Die Vorjahresverpflichtungen Christopher Nöthe und John Verhoek konnten die Erwartungen bislang nicht erfüllen. Lennart Thy muss in seinem dritten Jahr am Millerntor den Schritt vom Talent zur Stammkraft schaffen. Leihspieler Michael Gregoritsch, der nur ein Tor erzielte, wird den Club wohl wieder gen Hoffenheim verlassen. Nur 15 Stürmertore in 34 Spielen sind mangelhaft, diese Zahl erreichte der Ex-St.-Paulianer Mahir Saglik bei Paderborn allein.

Die Zeit der Experimente ist beim Kiezclub vorbei: Sportchef Azzouzi fahndet nach einem gestandenen Torjäger, der seine Qualitäten bereits unter Beweis gestellt hat. Möglicherweise profitiert St. Pauli nun vom Abstieg Arminia Bielefelds. Sturmtank Fabian Klos (1,94 Meter) hat sich mit neun Toren in den Blickpunkt gespielt, traf am letzten Spieltag gegen Dynamo Dresden (3:2) gar doppelt. Sein Vertrag in Bielefeld läuft zwar noch bis 2016, doch ein Abgang gilt als wahrscheinlich. In einem Interview mit „spox.com“ hatte der 26-Jährige schon 2012 erklärt, er sympathisiere mit St. Pauli und Köln: „Da muss ich ehrlich sagen, dass das schon Vereine wären, bei denen ich nicht lange überlegen müsste.

Auch Kollege Kacpar Przybylko, der vom 1. FC Köln an Bielefeld ausgeliehen war, dürfte einen neuen Club suchen. In Köln spielt der 21-Jährige, der bei St. Paulis 2:2 in Bielefeld im Februar beide Tore erzielt hatte, keine Rolle.

Beim Benefiz-Golfturnier des FC St. Pauli auf Gut Kaden kamen durch Nenngelder, Versteigerungserlöse und Spenden mehr als 18.000 Euro zusammen, die dem Projekt „Kiezkicker“ und der Kindertagesstätte „Silbersack“ zugute kommen