Beim 0:4 in Köln fehlt es an Einstellung und Qualität. „Wir haben alles falsch gemacht“, sagt Sebastian Schachten

Köln. Es war eine skurrile Szenerie in den Katakomben des Kölner Rhein-Energie-Stadions. Während auf dem Rasen die Spieler des 1. FC Köln ausgelassen ihren Aufstieg und die Meisterschaft in der Zweiten Liga feierten, schlichen die Akteure des FC St. Pauli mit gesenkten Köpfen in ihre Kabine, schüttelten die Köpfe, offenbar aus Fassungslosigkeit über ihre eine Vorstellung.

Mit dem 0:4 (0:3) hatte die Mannschaft von Trainer Roland Vrabec gerade ihre höchste Saisonniederlage erlitten und war damit noch gut bedient. „Wir könnten uns auch nicht über ein 0:6 beklagen. Eigentlich müssten uns die 6000 Fans, die uns hier angefeuert haben, vom Hof jagen. Wir haben wirklich alles falsch gemacht. So machen wir uns jetzt in drei Wochen eine super Saison kaputt“, sagte Außenverteidiger Sebastian Schachten. In der Tabelle ist das Team jetzt nur noch Achter.

Dabei hatte sich St. Paulis Trainer Vrabec vor dem Spiel mutig und kämpferisch gegeben. „Wir wollen noch einmal zeigen, warum wir in dieser Saison auswärts so stark waren“, hatte der 40-Jährige angesichts von acht Siegen und vier Unentschieden auf fremden Plätzen gesagt. Allerdings musste er auf einige Stammkräfte verzichten, die sonst in den meisten erfolgreichen Auswärtsspielen zu den Leistungsträgern gehört hatten, namentlich Christopher Buchtmann, Fin Bartels und Sören Gonther, der nach einer Mandelentzündung zwar im Kader, aber nicht in der Startformation stand. Für ihn war Jan-Philipp Kalla erste Wahl, der auch gleich die Kapitänsbinde übernahm.

Erstmals seit etlichen Wochen erhielt Bernd Nehrig wieder einen Platz in der Anfangself, als rechter Außenverteidiger ersetzte er Philipp Ziereis. Der nominelle Kapitän Fabian Boll war als Reservist dabei. Für den 34-Jährigen war die Partie in Köln das letzte Auswärtsspiel seiner Profikarriere, am Ende durfte er auch noch auf dem Platz mitwirken.

Schon nach 45 Minuten aber hatten sich alle Hoffnungen der Hamburger in Luft aufgelöst. Nach drei Gegentreffern ging es im zweiten Abschnitt nur noch darum, den Schaden in Grenzen zu halten. Da nützte es wenig, dass der FC St. Pauli in der sehr verhalten geführten Anfangsphase mehr Ballbesitz hatte. Die einzige im Ansatz gefährliche Situation entschärfte Kölns Torhüter Thomas Kessler, als er einen Steilpass auf Stürmer John Verhoek mit einem Hechtkopfball außerhalb des Strafraums klärte. Ausgerechnet Kessler, hatte er doch vor drei Jahren in der Ersten Bundesliga noch für den FC St. Pauli gespielt. Am Sonntag hatte ihm Kölns Trainer Peter Stöger einen Einsatz vor eigenem Publikum geschenkt, denn normalerweise steht der deutsche U21-Nationaltorhüter Timo Horn im Kasten der Kölner.

Unmittelbar nach Kesslers Rettungstat kam Kölns Stürmer Anthony Ujah nach einem klugen Zuspiel von Kazuki Nagawasa im Strafraum frei zum Schuss und drosch den Ball durch die Beine von St. Paulis Schlussmann Philipp Tschauner – 1:0 (13.)

Nach einem Foul an Ujah setzte dessen Sturmkollege Patrick Helmes den fälligen Freistoß an die Torlatte (28.), ehe elf Minuten später Marcel Risses Zuspiel in die Mitte aus halbrechter Position von St. Paulis Innenverteidiger Kalla so unglücklich und entscheidend zum 2:0 (39.) ins kurze Eck abgefälscht wurde, dass Tschauner chancenlos war.

Da wollte auch Kölns Torjäger Patrick Helmes nicht nachstehen. Hübsch freigespielt von Daniel Halfar erzielte er mit einem Flachschuss ins lange Eck das praktisch schon entscheidende 3:0 (43.). Viel zu leicht hatte sich die Hamburger Abwehr erneut ausspielen und düpieren lassen.

Nach der Pause bäumte sich St. Pauli zwar noch einmal vorübergehend auf, wobei Verhoek die Chance zum Ehrentor hatte, doch dann folgte die nächste Unaufmerksamkeit in St. Paulis Defensive. Nach einer Ecke kam der eingewechselte Sascha Bigalke an der Strafraumgrenze völlig frei zum Schuss. Noch leicht abgefälscht – erneut von Kalla – rauschte der Ball zum 4:0 (61.) ins Tor. Da konnten es die Kölner auch leicht verschmerzen, dass Kevin McKenna in seinem letzten Heimspiel für den FC mit einem Strafstoß an Tschauner scheiterte (70.). „Es hat seit ganz langer Zeit überhaupt keinen Spaß gemacht, auf dem Platz zu stehen. Wir haben einfach enttäuschend gespielt“, sagte Unglücksrabe Kalla nach dem Spiel frustriert.

Trainer Vrabec musste einräumen, dass seine Mannschaft nichts vom dem, was man sich vorgenommen hatte, umsetzen konnte. „Wenn man so einen Gegner so ins Spiel kommen lässt, hat er auch Spaß daran und zeigt seine Qualitäten. Wir sind in der ersten Halbzeit dreimal ausgekontert worden“, beschrieb er das Fehlverhalten seines Teams. „Wahrscheinlich war bei uns trotz aller Bekenntnisse die Luft raus, nachdem wir in Cottbus nur 1:1 gespielt haben und danach keine Aufstiegschance mehr hatten.“