Fabian Boll feiert beim FC St. Pauli in Itzehoe sein Comeback nach sechs Monaten Verletzungspause

Hamburg. Die Zeitspanne hat er absolut drauf, fast wie ein Häftling, der sich für jeden Tag im Knast einen Strich in die Wand ritzt. Das zeigt schon, wie lang, wie unerträglich diese Periode gewesen sein muss, wie bedeutend für ihn. „Sechs Monate und drei Tage“, sagt also Fabian Boll und: „29. September.“ Das war ein Sonntag, der FC St. Pauli spielte beim FC Ingolstadt, und Boll musste nach fünf Minuten ausgewechselt werden: Innenbandriss im linken Knie. Jetzt erst ist er wieder da, an diesem Dienstag spielt der Kapitän mit St. Pauli um 18 Uhr im Stadion Itzehoe gegen eine Stadtauswahl in einem Benefizspiel für die Hinterbliebenen und Geschädigten der Gasexplosion vom 10. März.

Auf dem Trainingsplatz tollt der 34-Jährige bereits seit drei Wochen mit seinen Kollegen herum, vorher gab es zweieinhalb Wochen lang Aufbaueinheiten mit Athletiktrainer Timo Rosenberg. Schön, die steten Fortschritte, aber ein Spieler will ja spielen, auch im fortgeschrittenen Fußball-Alter: „Ja, ich freue mich sehr darauf, zumal es ja ein Comeback in meiner Heimat ist – sozusagen“, erklärt Boll. Seit der B-Jugend bis zu den Herren spielte er sechs Jahre lang für den Itzehoer SV.

Nach der ursprünglichen Verletzung lief der Heilungsprozess eigentlich optimal. Auf eine OP wurde verzichtet, Muskelaufbau ist bei Bänderrissen im Knie immer öfter die gängige Therapie. Im Trainingslager im Winter mischte der Mittelfeldspieler wieder voll mit. Doch dann kamen die Probleme zurück. „Wahrscheinlich habe ich viel zu schnell wieder angefangen, Knie- und Bandapparat haben sich dann wieder entzündet“, erzählt der Rekonvaleszent, „danach waren vier Wochen absolute Ruhe angesagt.“

Im Sommer ist jetzt eh Schluss mit dem aktiven Fußball. Fabian Boll hat seine Entscheidung getroffen und vor etwas sechs Wochen mitgeteilt. Seit 2002 steht er bei St. Pauli unter Vertrag, hat Aufstiege mitgemacht und Abstiege, hat das neue Stadion wachsen sehen, Trainer kommen und gehen, er ist der letzte „Überlebende“ der legendären Stanislawski-Mannschaft, die einst aus der Dritten Liga bis in die Erste durchmarschierte. Schon fordern diverse Fans, dass der Verein Bolls Rückennummer 17 nach der Karriere nie mehr an einen anderen Spieler vergibt.

Noch aber trägt er sie. Schon beim Spiel gegen Fürth am vergangenen Freitag stand er fast im Kader, gegen Sandhausen am Sonnabend ist eine Berufung noch wahrscheinlicher. Auch weil Markus Thorandt, Sören Gonther (grippaler Infekt), Jan-Philipp Kalla (Nacken), Florian Kringe (Achillessehnenbeschwerden) schwächeln und die schon länger verletzten Bernd Nehrig, Fin Bartels und Dennis Daube noch nicht wieder fit sind. „Es ist mir völlig egal, ob ich gegen Sandhausen spiele oder in der U23 in der Regionalliga“, sagt Fabian Boll. „Ich stelle überhaupt keine Ansprüche. Allerdings: Auf das Freitagabendspiel gegen Kaiserslautern am 11. April hätte ich schon Bock.“

Das wäre dann die passende Rückkehr auf die große Fußballbühne, für die sich der „alte“ Fabian Boll seit dem Winter noch einmal so intensiv gequält hatte, immer dieses eine, große Ziel vor Augen: „Karriereende in Ingolstadt, das klang mir einfach zu deprimierend nach all den Jahren.“