Der FC St. Pauli hat den Lizenzantrag bei der DFL abgegeben. Die Einnahmen würden steigen. Stadion, Fans und Vorstand sind erstligareif, die Mannschaft allerdings nur bedingt.

Hamburg. Michael Meeske wirkt grundentspannt. Das Lächeln freundlich, der Händedruck fest, „einen Kaffee?“ So wie jemand halt, der mit der Gesamtsituation zufrieden ist, ohne selbstzufrieden zu sein. Der Geschäftsführer des FC St. Pauli ist augenscheinlich in einer Win-win-Situation. Spitzenclub in der Zweiten Liga? Fein. Aufstieg in die Bundesliga? Besser. Von einem „Betriebsunfall“ zu reden verbietet sich, sollten die Hamburger tatsächlich zum sechsten Mal den Aufstieg in das Fußball-Oberhaus schaffen. Dafür sind die Grundlagen zu gut gelegt, dafür sind die Hausaufgaben zu akribisch gemacht. „Unseren Lizenzantrag für die Erste Bundesliga haben wir bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) bereits vorgelegt“, sagt Meeske.

Doch wäre der FC St. Pauli überhaupt für den Aufstieg in die Bundesliga gerüstet, nachdem das Team in der vergangenen Saison lange Zeit um den Klassenerhalt in der Zweiten Liga kämpfen musste? „Unsere Mannschaft entwickelt sich sehr positiv“, sagt Meeske, „sie hat viel Potenzial, und mittelfristig haben wir natürlich auch das Ziel aufzusteigen.“

Das Abendblatt hat die Bundesligatauglichkeit des Kiezclubs untersucht.

Finanzen: Ein Bundesliga-Aufstieg bedeutet immer erhebliche Mehreinnahmen. Allein die TV-Erträge würden gewaltig steigen. Von dem zur Verfügung stehenden Geldtopf von 560 Millionen Euro pro Saison kassieren die Erstligisten 80 Prozent. Konkret heißt das für den FC St. Pauli: Für diese Saison erhält er als Zweitliga-Vierter 7,771 Millionen Euro. Erstliga-Schlusslicht Eintracht Braunschweig liegt dagegen bei 16,6 Millionen, der HSV wird trotz der enttäuschenden Saison auf etwa 25,3 Millionen taxiert. „Wir würden unsere Einnahmen aus den Fernsehgeldern mehr als verdoppeln“, sagt Meeske. Auch durch mehr Eintrittskarten insbesondere im teuren Logenbereich, höher dotierte Sponsorenverträge und bessere Merchandising-Erlöse flösse mehr Geld in die St.-Pauli-Kasse. Bei rund 30 Millionen Euro liegt der Zweitliga-Umsatz des Clubs in dieser Saison, eine Steigerung auf 45 Millionen für die nächste Spielzeit ist denkbar.

Mannschaft: Die Verträge der meisten Profis laufen langfristig und gelten auch für die Erste Bundesliga. „Dort gibt es ein bisschen mehr für die Spieler“, sagt Meeske, „und wir würden die Mehreinnahmen größtenteils in die Mannschaft investieren.“ Also in Verstärkungen. Definitiv nicht mehr dabei sind nächstes Jahr Fin Bartels (Werder Bremen), Fabian Boll (Karriereende) und Kevin Schindler, dessen Vertrag nicht verlängert wird. Unklar ist die Situation bei Lennart Thy, Florian Kringe, Florian Mohr, Dennis Daube und dem von Hoffenheim ausgeliehenen Michael Gregoritsch. Sportchef Rachid Azzouzi wird für die Bundesliga auf jeden Fall einen Ersatz für den torgefährlichen Offensivspieler Bartels finden müssen, ein weiterer starker Außenverteidiger neben Sebastian Schachten würde gebraucht, wenn Marcel Halstenberg zukünftig auf der „Sechs“ eingesetzt wird. Ein starker Innenverteidiger sollte noch dazukommen. Die schwierigste Aufgabe wird es aber, einen „Knipser“ zu finden, der regelmäßig trifft. Im Angriff ist St. Pauli noch nicht bundesligatauglich. Trainer Roland Vrabec hat keine Erstligaerfahrung, bringt als junger, kreativer Trainer aber ähnliche Anlagen mit wie Thomas Tuchel in Mainz oder Markus Weinzierl in Augsburg.

Vereinsführung: Das Präsidium um Stefan Orth und die Geschäftsführung mit Meeske und Azzouzi haben bewiesen, dass sie für einen soliden Kurs ohne riskante finanzielle Manöver stehen. Das Ziel ist, den Verein unter den Top 25 in Deutschland zu etablieren. „Wir haben keinen Zwang, in der Ersten Liga spielen zu müssen“, sagt Meeske. Mittelfristig soll das aber geschehen: „Mainz und Freiburg sind gute Beispiele. Sie sind einige Jahre zwischen den Ligen gewechselt und haben inzwischen die Anpassung an die Bundesliga vollzogen. Das zeigt, dass es für Clubs unserer Größenordnung geht.“ Meeske erwartet indes, dass ein Aufstieg in Zukunft immer schwieriger wird: „Die Schere zwischen Erster und Zweiter Liga scheint immer weiter auseinanderzugehen, außerdem gibt es Vereine, die unter finanziellen Sonderbedingungen spielen.“

Infrastruktur: Seit der Bundesligazeit 2010/11 ist im Stadion noch die Gegengerade hinzugekommen, der Ausbau der Nordtribüne soll im Mai beginnen, das ist aber noch nicht sicher. Die Tribüne wird auf jeden Fall teurer als die ursprünglich kalkulierten 4,5 Millionen Euro. Außerdem ist die Nutzung der Räumlichkeiten dort noch nicht komplett geplant. Meeske: „Ein Aufstieg würde die Finanzierungsgespräche mit den Banken vereinfachen.“ Fertig gestellt sind das Nachwuchszentrum am Brummerskamp in Schnelsen und das Trainingsgelände an der Niendorfer Kollaustraße. Der FC St. Pauli denkt sogar über eine Erweiterung der Anlage um die Fläche hinter dem dortigen Baseball-Gelände nach.

Fans: Die loyalen Fans sind möglicherweise das wertvollste Gut des Vereins. 20.000 Mitglieder in der Förderabteilung gibt es, das Stadion ist in der Zweiten Liga mit seinen 29.063 Plätzen fast immer ausverkauft. „In der Bundesliga würden wir unseren Auslastungsgrad von 94 Prozent noch weiter steigern können“, ist sich Meeske sicher.