St. Paulis Trainer Roland Vrabec bemängelt Konzentration der Spieler. So habe man auf den Aufstiegsrängen nichts zu suchen.

Hamburg. Ein bisschen mehr Drecksau sollten seine Spieler sein, das hatte sich Roland Vrabec in der Winterpause im Interview mit dem Abendblatt gewünscht. Schon nach dem ersten Zweitligaspiel des Jahres musste der Trainer des FC St. Pauli nun konstatieren, dass sein Wunsch bislang nicht in Erfüllung gegangen ist. Denn beim 2:2 (1:0) in Bielefeld offenbarte die Mannschaft am Sonntag erneut mangelnde Cleverness, als man sich in der 92. Minute den lange sicher geglaubten Sieg noch entreißen ließ.

Sogar von „fehlender Qualität“ hatte Vrabec unmittelbar nach dem Spiel gesprochen. Am Tag danach erläuterte der 39-Jährige seine Aussagen: „Damit meine ich die Fähigkeit, sich über die ganze Dauer des Spiels zu konzentrieren. Dies war nicht auf Positionen, sondern auf Situationen bezogen“, sagte der Coach. Das Verhalten in der Schlussphase der Partie, insbesondere der Nachspielzeit, als die Hamburger mit 2:1 auswärts führten, hatte Vrabec geärgert. „Wir haben einen Einwurf schnell ausgeführt, anstatt erst einmal lange den Ball liegen zu lassen und so eine halbe Minute von der Uhr zu bekommen“, nannte er ein Beispiel. Zudem sei es nicht gelungen, den Ball an der Eckfahne zu halten, sich foulen zu lassen und einen Eckball herauszuholen: „Einfach am Ball bleiben, vielleicht noch einmal einen tiefen Laufweg suchen, und dann ist das Spiel wahrscheinlich um“, erläuterte der immer noch sichtlich angefressene Vrabec, wie er sich das Verhalten in diesen Situationen vorstellt.

Konkret waren dem Ausgleich durch Bielefelds Doppeltorschütze Kacper Przybylko eine Reihe von Fehlern vorausgegangen. Christopher Buchtmann hatte den Ball an der Eckfahne in die Mitte geflankt, anstatt die Zeit herunterzuspielen. Tom Trybull ermöglichte der Arminia den Angriff zum 2:2-Treffer durch einen haarsträubenden Querpass im Mittelfeld. Bei der anschließenden Flanke von Marcel Appiah stand Markus Thorandt zu weit weg von Przybylko. Eine gefühlte Niederlage, die trotz der guten Entwicklung des Teams erneut den Schluss zuließ, dass der FC St. Pauli in dieser Saison lediglich bedingt aufstiegsbereit ist.

Das Umschaltspiel mit den beiden fein herausgespielten Toren untermauerte, dass die Hamburger besonders im Mittelfeld mit Buchtmann, Marc Rzatkowski und Fin Bartels über eine der bestbesetzten Reihen der Zweiten Bundesliga verfügen. Zwei Stürmertore durch Lennart Thy und Christopher Nöthe ließen in Bielefeld darauf hoffen, dass die Abschlussschwäche der Hinserie behoben werden könnte. Doch die vielen Unzulänglichkeiten in der Defensivarbeit, auch schon zu Beginn, trübten eine streckenweise überlegen geführte Partie und sorgten für den unnötigen Punktverlust.

Weil die Konkurrenz an der Tabellenspitze mit Ausnahme des 1. FC Kaiserslautern zwar ebenfalls nicht gewann, hat der Kiezclub nur zwei Zähler Rückstand auf den Relegationsplatz drei und ist als Sechster weiter aussichtsreich positioniert. Doch wie schon unmittelbar vor der Winterpause gegen den Karlsruher SC, als man durch zwei Konter am Millerntor 0:2 verlor, ließ Vrabecs Elf die für den Aufstieg nötige Nervenstärke in den entscheidenden Situationen vermissen. Ein Problem, das der Trainer erkannt hat. „Wenn wir so etwas nicht abstellen, wie eben auch gegen den KSC und nun wieder, können wir keine Ansprüche haben, ganz oben dabei zu sein“, fand Vrabec deutliche Worte. „Wir wollen deshalb gar nicht solche Ziele formulieren, weil es uns offenbar noch an der Cleverness fehlt.“

Dies sei ein Lernprozess, der in den folgenden 14 Spielen im Vordergrund stehen soll. „Wenn wir am Ende der Saison sagen können, wir sind ruhiger und routinierter geworden, dann haben wir etwas gelernt“, erklärte er. „Dann können wir vielleicht in der nächsten Saison höhere Ziele formulieren.“

Am kommenden Sonnabend gegen den VfL Bochum (13 Uhr) muss Vrabec die Elf auf einer entscheidenden Position verändern. St. Paulis Spielstratege Buchtmann hatte sich in Bielefeld die zehnte Gelbe Karte abgeholt und muss aussetzen. Seine Rolle soll Neuzugang Trybull ausfüllen. Dafür dürfte Jan-Philipp Kalla auf die Halbposition im Mittelfeld rücken. „Es gibt jedoch noch ein, zwei andere Optionen“, sagte Vrabec, „da werden wir schauen, wer sich im Training anbietet.“ Kämpfertypen sind gefragt.