Beim FC St. Pauli hat der neue Cheftrainer allein in dieser Woche insgesamt 13 Trainingseinheiten angesetzt

Hamburg. Erst nach mehr als 100 Minuten gab Roland Vrabec am Montagnachmittag das Zeichen an seine Spieler, dass für sie die erste Trainingseinheit des Jahres 2014 beendet ist. Und dies war auch nur ein Vorgeschmack darauf, was er in seiner Rolle als fester Cheftrainer des FC St. Pauli den Zweitligaprofis in den kommenden Tagen abverlangen wird.

Bis einschließlich Sonntag hat Vrabec weitere zwölf Trainingseinheiten angesetzt. Ausgenommen sind davon nur jene Akteure, die den Kiezclub am Mittwoch, Freitag und Sonnabend bei den Hallenturnieren in Flensburg, Bielefeld und Kassel vertreten werden.

„Der Schwerpunkt in dieser ersten Woche liegt darauf, den Ball bei eigenem Ballbesitz zirkulieren zu lassen, in die Tiefe zu spielen und zum Torabschluss zu kommen. Das war ja auch heute schon zu sehen und wird auch bei den Hallenturnieren so sein“, sagte Vrabec.

Neben den 25 Akteuren des Profikaders, die sich erstmals in dieser Saison allesamt fit zum Dienst gemeldet hatten, gesellten sich auch noch die beiden U19-Spieler Kjong Rok Choi und Mitja Bieren (Torwart) zur Truppe, die am Montag alle drei Plätze der Trainingsanlage an der Kollaustraße nutzte. Der Konkurrenzkampf um die Stammplätze hat begonnen. „Ich hatte heute einen sehr guten Eindruck von den Spielern. Ich denke, sie haben die vergangenen zwei Wochen Freizeit zur Erholung genutzt, sind jetzt motiviert und haben richtig Lust, wieder zu spielen“, sagte Vrabec.

Mit zu viel Gewicht sei dabei keiner seiner Schützlinge aus dem Weihnachtsurlaub gekommen, versicherte Vrabec. Nach dem Laktattest Mitte Dezember hatte Athletiktrainer Timo Rosenberg allen Spielern individuelle Pläne für die 15 freien Tage erarbeitet. Mit personalisierten Pulsuhren ließ sich jetzt einfach feststellen, ob die Spieler die vorgegebenen individuellen Laufeinheiten absolviert haben.

„Wenn einer weniger gemacht hat, als er sollte, hat derjenige ohnehin selbst Schuld“, sagt St. Paulis Sportchef Rachid Azzouzi, der am Montag am Rande der Trainingsplätze ebenso wie Vizepräsident Jens Duve sichtlich mit Freude beobachtete, wie sich die Profis ins Zeug legten. „Der Trainer soll es schwer haben, sich für eine Startelf zu entscheiden“, sagte er schon im Hinblick auf das erste Zweitliga-Punktspiel des Jahres 2014 am 9. Februar bei Arminia Bielefeld. In den viereinhalb Wochen bis dahin werden die Spieler nicht nur in den Trainingseinheiten und Hallenturnieren, sondern auch in insgesamt vier Testspielen die Gelegenheit bekommen, sich zu empfehlen.

Azzouzi und Trainer Vrabec sind davon überzeugt, dass die neue interne Konkurrenzsituation auf Sicht für eine Qualitätssteigerung sorgen wird. Doch beide vermeiden es auch ganz bewusst, den Bundesliga-Aufstieg als Ziel für diese Saison zu nennen. Dabei scheint dies für den Tabellensechsten, der mit 31 Zählern sogar punktgleich mit dem Dritten 1. FC Kaiserslautern sehr aussichtsreich dasteht, keinesfalls ausgeschlossen. „Es ist richtig, dass es in der Tabelle noch sehr eng ist. Aber das gilt auch für den Bereich hinter uns“, sagt Azzouzi. Und Trainer Vrabec ist über Weihnachten seiner schon zuvor formulierten Devise treu geblieben: „Wir wollen so lange wie möglich an den Spitzenplätzen dranbleiben. Und wenn dies drei, vier Spieltage vor Schluss noch der Fall ist, wollen wir angreifen.“

Erfahrungen aus der Ersten Bundesliga bringt Zugang Tom Trybull aus seiner Zeit bei Werder Bremen schon mit. Nach seiner ersten Einheit mit den neuen Kollegen hatte der 20-Jährige auch nach dem Duschen noch mit immer wieder aus den Poren strömenden Schweißperlen auf seiner Stirn zu kämpfen. „Es hat richtig Spaß gemacht“, sagte der Mittelfeldspieler. Im Trainingsspiel auf verkleinertem Platz hatte er schon erste Akzente gesetzt, einige feine Pässe gespielt, aber auch Zweikämpfe gesucht und dabei weder sich selbst noch den Gegner geschont. „Ich fühle mich jetzt schon wohl hier“, sagte er.

Am kurzfristigen Wechsel von Werder zu St. Pauli hatte auch Offensivspieler Lennart Thy, der vor eineinhalb Jahren denselben Weg eingeschlagen hatte, seinen Anteil. „Lenny ist ein guter Kumpel von mir. Seit er hier ist, hat er mir natürlich schon viel erzählt. Und seitdem verfolge ich St. Pauli auch viel intensiver als vorher“, berichtete Trybull am Montag. „Mir gefallen bei St. Pauli die klare Struktur und Linie sowie die Art des Fußballs, den der Trainer spielen lässt“, sagte er weiter. Dies sei ähnlich wie einst unter Thomas Schaaf bei Werder Bremen darauf ausgerichtet, mit schnellem Passspiel den Weg nach vorn zu suchen. „Ich habe es nicht so gern, nur weit geschlagene Bälle über mich fliegen zu sehen“, stellt er klar.

Als er aber gefragt wurde, was er von St. Paulis Kapitän Fabian Boll hält, der am Montag auch wieder voll ins Training einsteigen konnte, musste er passen. „Ich muss zugeben, dass ich ihn noch nicht so genau kenne“, sagte Trybull und bewies dies auch damit, dass er Bolls Spitznamen („Boller“) noch nicht wusste. Doch Probleme dieser Art lassen sich ja schnell lösen. Ansonsten ist Tom Trybull in Hamburg angekommen. Noch wohnt er zwar im Hotel, aber am 15. Januar wird die eigene Wohnung frei, die er sich ausgesucht hat.