St. Paulis Trainer hat einen Vertrag bis Sommer 2015 erhalten und muss die rasante Entwicklung erst einmal verarbeiten

Hamburg. Ein wenig überwältigt von den Ereignissen der vergangenen Wochen war Roland Vrabec dann doch. „Ich werde jetzt sicher ein bis drei Tage brauchen, um das alles zu realisieren. Bisher gab es ja kaum Zeit, sich einmal in Ruhe Gedanken zu machen, was alles passiert ist“, sagte der Cheftrainer des FC St. Pauli am Sonnabend, nachdem er am Vormittag endgültig in dieser Funktion bestätigt und mit einem Vertrag bis zum 30. Juni 2015 ausgestattet worden war. „Das ist sicher eines der schönsten Weihnachtsgeschenke, die ich je bekommen habe“, sagte der 39-Jährige weiter, ließ dabei aber auch schon durchblicken, dass er sich der erhöhten Verantwortung, die jetzt auf ihm lastet, durchaus bewusst ist.

Die Entwicklung in den vergangenen sechs Monaten empfindet auch der Fußballlehrer selbst als atemberaubend. Erst zu Beginn dieser Saison hatte St. Paulis Sportchef Rachid Azzouzi Vrabec zum FC St. Pauli geholt, nachdem dieser sich für den Trainerposten der U23-Mannschaft beworben hatte. Diesen übernahm dann aber Thomas Meggle, Vrabec rückte auf dessen bisherigen Co-Trainerposten des Profiteams, und zwar mit ausdrücklicher Zustimmung des Cheftrainers Michael Frontzeck, den er am 6. November beerbte.

„Ich bin sehr dankbar, dass man mir in der Situation für die sechs Spiele das Vertrauen geschenkt hatte“, sagte Vrabec jetzt. Die Chance konnte er bekanntlich nutzen, wobei nicht allein die Ausbeute von vier Siegen, darunter allein drei Auswärtserfolgen, zwölf Punkten und 8:5 Toren den Ausschlag gab.

„Die Mannschaft hat die positive Entwicklung genommen, die wir uns vorgestellt hatten. Wir sind im gesamten Verein sehr zufrieden damit. Die Art und Weise, wie unser Team Fußball spielt, gefällt uns“, sagte Azzouzi. „Er lässt mutigen Offensivfußball spielen und hat einen klaren Plan“, konkretisierte St. Paulis Präsident Stefan Orth. An der Einschätzung hatte auch die 0:2-Heimniederlage am Freitag gegen den Karlsruher SC nichts ändern können.

Nach der Trennung von Frontzeck hatten sich laut Azzouzi etliche Trainer beim FC St. Pauli für die Nachfolge beworben. „Alle Verantwortlichen im Verein hatten aber von Anfang an Vertrauen in Roland und das gesamte Trainerteam“, sagte der Sportchef Azzouzi und versicherte: „Die Entscheidung stand recht früh fest. Wir haben auch mit keinem anderen Kandidaten gesprochen.“

Dafür werden von Anfang Januar an Gespräche mit Co-Trainer Timo Schultz, Torwarttrainer Mathias Hain und Athletiktrainer Timo Rosenberg geführt werden. Auch deren Verträge, die bisher am Saisonende im Juni 2014 auslaufen, sollen um ein weiteres Jahr verlängert werden. Dabei soll es allerdings bleiben, sodass Vrabecs bisherige Co-Trainerstelle künftig unbesetzt bleibt. Ein Grund dafür dürfte neben finanziellen Aspekten auch sein, dass Vrabec weiter das tägliche Training aktiv leiten und sich nicht wie Michael Frontzeck weitgehend in die Beobachterrolle während der regelmäßigen Übungseinheiten zurückziehen wird.

Auch im Umgang mit seinen Spielern soll sich nichts Grundlegendes ändern. „Sie können mich weiter duzen, das wird nicht meine Autorität untergraben“, sagte Vrabec. Zuletzt hatte der 20 Jahre alte Mittelfeldspieler Sebastian Maier zugegeben, dass er nicht mehr „Roland“, sondern nur noch „Trainer“ zu Vrabec sagen und das „Du“ oder „Sie“ umgehen würde.

„Am liebsten würde ich morgen schon weitermachen“, sagte Vrabec am Sonnabend in einem kurzen Anflug von Euphorie und Tatendrang. Doch dann war er wieder ganz der Realist: „Wir brauchen jetzt aber alle Ruhe und Erholung, es war ja doch eine sehr intensive Hinrunde.“

Vom 6. Januar um 13 Uhr an wird Vrabec erstmals als Trainer mit Chefvertrag seine Spieler um sich scharen und auf die verbleibenden Aufgaben in der Zweiten Liga vorbereiten. Dann sollen auch die zuletzt angeschlagenen Fabian Boll, Dennis Daube, Sören Gonther und Philipp Ziereis voll einsteigen.

Bis zum ersten Zweitliga-Punktspiel des neuen Jahres am 9. Februar bei Arminia Bielefeld könnte der Kader zudem mit einem weiteren Spieler verstärkt werden. „Bis Ende Januar läuft ja die Transferphase. Es kann, aber muss nicht sein, dass wir aktiv werden. Wenn wir einen Spieler holen, dann nicht nur für ein halbes Jahr, sondern mittelfristig“, sagte Azzouzi, der am Sonntag den 1:0-Heimsieg seines früheren Clubs Greuther Fürth gegen den VfR Aalen im Stadion beobachtete.

Am Ende verabschiedete sich Roland Vrabec mit schon fast staatstragenden Worten in den Weihnachtsurlaub, den er in Hamburg verbringen wird: „Es ist eine Auszeichnung, zu den 36 Bundesligatrainern zu gehören. Es ist jetzt eine sehr gute Phase für mich, aber es wird auch wieder andere geben.“