Der FC St. Pauli hat unter dem neuen Chefcoach pro Spiel fast einen Punkt mehr geholt als bei Vorgänger Frontzeck. Andere „Joker-Trainer“ sind weit weniger erfolgreich

Hamburg. Solch eine Huldigung durch die Fans erfahren beim FC St. Pauli längst nicht alle Trainer. Nach dem 2:0-Auswärtssieg am vergangenen Montag bei 1860 München verlangten die rund 2500 mitgereisten Anhängern nach Roland Vrabec. Auch der 39 Jahre alte Fußballlehrer sollte sich zu den am Fuße der Fankurve stehenden Spielern gesellen, um sich für den Erfolg feiern zu lassen.

Der Grund für die Begeisterung der St.-Pauli-Anhänger für den nunmehr seit fünf Spielen amtierenden Cheftrainer lässt sich auch an nackten Zahlen festmachen. Zwölf Punkte sammelte die Millerntor-Elf, seit Vrabec das Zepter übernahm. Das bedeutet einen Durchschnitt von 2,4 Zählern pro Spiel und mithin fast einen Punkt pro Partie mehr, als in dieser Saison Vorgänger Michael Frontzeck (1,46) erreichte.

Diese deutliche Verbesserung ist umso bemerkenswerter, da Frontzeck nach dem 13. Spieltag im Gegensatz zu den meisten anderen entlassenen oder beurlaubten Zweitliga-Trainern in dieser Spielzeit nicht etwa wegen Erfolglosigkeit gehen musste. Das Präsidium des FC St. Pauli war zu jenem Zeitpunkt mit den unter Frontzeck eingefahrenen 19 Zählern aus 13 Spielen und dem achten Rang nicht unzufrieden.

Entscheidender Anlass für die Trennung war vielmehr die als unzumutbares Ultimatum empfundene Forderung Frontzecks, seinen am Saisonende auslaufenden Vertrag kurzfristig zu verlängern und nicht, wie zuvor seitens des Präsidiums festgelegt, bis zur Winterpause zu warten.

Neben dem FC St. Pauli wechselten in der laufenden Saison noch sechs weitere Vereine ihren Cheftrainer. Doch als so erfolgreich wie beim FC St. Pauli entpuppte sich der Austausch des Übungsleiters (siehe nebenstehende Grafik) – abgesehen von Fortuna Düsseldorf – bei keinem anderen Club. Ganz dramatisch gestaltet sich die Lage beim FC Energie Cottbus. Dort gab Stephan Schmidt mit dem Spiel beim FC St. Pauli seinen Einstand als Nachfolger von Rudi Bommer. Dies war auch Vrabecs erstes Spiel als Cheftrainer. Schmidts Bilanz aus fünf Spielen: Kein Sieg, kein Punkt und damit weiter Tabellenschlusslicht, inzwischen mit einem Rückstand von sieben Punkten auf den vorletzten Platz.

Hier steht nach zwölf Spielen unter Trainer Olaf Janßen Dynamo Dresden. Bei den Sachsen war zunächst Peter Pacult nach bereits vier Spielen durch Interimstrainer Steffen Menze abgelöst worden, unter dem das Dynamo-Team allerdings vom 17. auf den 18. Rang abfiel. Beim FC Ingolstadt 04 führte Ralph Hasenhüttl das Team immerhin vom letzten auf den 14. Rang, dagegen fiel 1860 München unter Friedhelm Funkel, nicht zuletzt durch die aktuelle Heimniederlage gegen St. Pauli, vom sechsten auf den siebten Rang zurück.

Roland Vrabec schaffte dagegen mit seinen Kiezkickern in fünf Spielen den Sprung vom achten auf den dritten Platz, der jetzt im Heimspiel an diesem Freitag (18.30 Uhr, Sky live) gegen den starken Aufsteiger Karlsruher SC verteidigt werden soll. Von den im Laufe der Saison neu eingesetzten Cheftrainern wird auch dieser positive Wert aktuell nur von Düsseldorfs neuem Coach Oliver Reck übertroffen. In nur zwei Spielen, die beide gewonnen wurden, sprang die traditionsreiche Fortuna vom 15. auf den neunten Rang.

Zwei Siege zum Start in die Amtszeit hatte auch Roland Vrabec gefeiert, ehe das 0:3 gegen den 1. FC Köln als bisher einzige Niederlage für ihn folgte. Es darf durchaus bezweifelt werden, dass Düsseldorfs Reck seine bisherige Optimalquote über längere Zeit wird halten können.

Kaum einen Zweifel gibt es hingegen daran, dass Roland Vrabec einen Vertrag als regulärer Cheftrainer des FC St. Pauli erhalten wird. Dies soll jetzt sogar noch vor den Weihnachtstagen über die Bühne gehen.