St. Paulis „Cheftrainer auf Bewährung“ sieht trotz seines Premierensieges viel Steigerungspotenzial. Vor allem nach Standards soll das Team gefährlicher werden. Testspiel gegen Hannover am Donnerstag.

Hamburg. Knapp zwei Tage nach dem 3:0-Erfolg gegen den FC Energie Cottbus hat Roland Vrabec, St. Paulis „Cheftrainer auf Bewährung“, seinen Blick schon längst wieder auf die bevorstehenden Aufgaben gerichtet. Nicht einmal am freien Tag nach seinem Premierenspiel in neuer Funktion nahm er sich die Zeit, sich die 90 Minuten vom Montagabend noch einmal in aller Ruhe anzuschauen. „Als ich nach dem Spiel nach Hause kam, lief im Fernsehen zufällig noch einmal die zweite Halbzeit. Ansonsten sind vor allem vor meinem geistigen Auge einige Szenen abgelaufen. Aber im Prinzip ist das Spiel schon abgehakt“, sagte Vrabec am Mittwoch, nachdem er die erste Trainingseinheit nach dem höchsten Saisonsieg seiner Mannschaft geleitet hatte.

Der Begriff „abgehakt“ ist in diesem Fall aber nicht mit „vergessen“ gleichzusetzen. Im Gegenteil: Vrabec benannte am Mittwoch sehr konkret die Punkte, die ihm gegen Cottbus trotz des klaren Sieges im Auftritt seiner Mannschaft als weniger positiv aufgefallen waren. „Wir haben in einigen Bereichen noch Luft nach oben, daran werden wir jetzt gezielt arbeiten“, sagte er.

Zum einen geht es dabei um die Phasen des eigenen Ballbesitzes. Diese waren für seinen Geschmack zu kurz – konkret in der Partie gegen Cottbus, aber auch schon in vielen Spielen zuvor. Anders gesagt: Das Team der Kiezkicker verliert oftmals zu schnell den Ball wieder, wenn es ihn gerade erobert hat. „Wir müssen den Ball länger in den eigenen Reihen halten und dabei auch in der Lage sein, Tempowechsel vorzunehmen. Wir sollten den eigenen Ballbesitz auch nutzen, um dabei kurzfristig zu regenerieren“, erklärte Vrabec. Eine interessante, aber durchaus plausible Philosophie, schließlich sind Ballverluste und damit der Zwang, dem Gegner hinterherzurennen, auch mental anstrengender als eigene Ballstafetten.

Als zweites großes Manko hat Vrabec die Qualität der Ecken und Freistöße erkannt. An dieser Einschätzung konnte auch nichts ändern, dass Markus Thorandts Treffer zum 3:0das erste Kopfballtor St. Paulis in dieser Saison war und einem Freistoß entsprang, den der lange glücklos agierende Marc Rzatkowski ausgeführt hatte. „Die Standards waren überhaupt nicht gut“, sagte er klipp und klar. Dabei kritisierte er sowohl die Schützen als auch das „Einlaufverhalten“ der Spieler, die im Strafraum die potenziellen Adressaten sind.

Ein Punkt ist Vrabec dabei besonders wichtig. „Ich erwarte, dass meine Spieler Eigeninitiative entwickeln. Cottbus hat bei Standardsituationen nicht mit Manndeckung, sondern im Raum verteidigt. Darauf hätten meine Spieler selbst reagieren und auch mal einen Eckball kurz ausführen sollen“, sagte er weiter. Der Mann setzt – bei allem Teamgeist – eben auch auf Selbstständigkeit seiner Profis. Davon will er schon an diesem Donnerstag (18.30 Uhr) im Testspiel gegen Hannover 96 in Celle mehr als zuletzt sehen.