Der Ersatztorhüter wechselt nach neun Jahren beim Kiezclub zu Österreichs Erstligisten Sturm Graz

Hamburg. Sein Name tauchte ganz oben auf der zweiten Seite auf: Pliquett, Benedikt; geboren am 20.12.1984; abgebender Verein: FC St. Pauli. So stand es überraschend in der am Montagmittag von der Deutschen Fußball-Liga veröffentlichten Transferliste. Wenig später vermeldete „Sky Österreich“ via Twitter, der Torhüter der Hamburger habe beim österreichischen Erstligisten SK Sturm Graz unterschrieben. Die Bestätigung des Clubs folgte prompt, Pliquett war schon am Sonntag in der Steiermark eingetroffen und hatte den Medizincheck absolviert, anschließend unterschrieb er beim Tabellen-Drittletzten einen Einjahresvertrag plus Option auf eine weitere Saison.

Nach neun Jahren auf St. Pauli verließ Publikumsliebling Pliquett den Verein am letzten Tag der Transferperiode. Erst im Mai hatte Sportchef Rachid Azzouzi seinen auslaufenden Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert. Doch die sportliche Perspektive zwang den 28 Jahre alten Schlussmann zum Handeln. Denn am Millerntor hatte Pliquett keine Aussicht mehr auf Einsätze im Profiteam. „Aufgrund meiner sportlichen Situation habe ich mich schon seit längerer Zeit nach einem neuen Verein umgeschaut“, erklärte der gebürtige Hamburger.

Das Interesse aus Graz ergab sich nun kurzfristig. Möglich geworden war der Wechsel durch den Abgang des deutschen Sturm-Schlussmanns Johannes Focher, der am Montag zurück in die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund transferiert wurde. Focher hatte zuvor jedoch das Nachsehen gegen den erfahrenen Österreicher Christian Grazei gehabt. Nun muss sich Pliquett gegen den 31-Jährigen durchsetzen. Wer ihn bei den Hamburgern ersetzen soll, ist noch unklar. „Wir haben gute Jungs in unseren U23- und U19-Teams und werden uns nun zusammensetzen“, erklärte Azzouzi.

In der vergangenen Saison hatte Pliquett mit Robin Himmelmann um die Nummer zwei hinter Stammkeeper Philipp Tschauner gekämpft. Trainer Michael Frontzeck berief die Kontrahenten im Zwei-Spiele-Rhythmus abwechselnd in den Kader. Vor der neuen Spielzeit machten Frontzeck und Torwarttrainer Mathias Hain ihm bereits klar, dass künftig nur Platz drei hinter Tschauner und Himmelmann bliebe.

Pliquett gehörte in den ersten sechs Spielen nicht zum Aufgebot der Zweitligamannschaft und kam lediglich zweimal in der U23-Mannschaft zum Einsatz. „Ich denke, dass ich niemandem sagen muss, wie schwer es mir fällt, diesen Schritt zu gehen“, sagte Pliquett: „Aber ich will nun mal Fußball spielen. Ich danke allen für die unglaublich tollen neun Jahre und bin froh, Teil der FC St.-Pauli-Familie geworden zu sein.“

Seinen größten Triumph hatte Pliquett am 16. Februar 2011 gefeiert, als der damalige Trainer Holger Stanislawski ihn überraschend in der Bundesliga gegen den HSV aufbot. Ausgerechnet Pliquett, der in der HSV-Jugend ausgebildet und später aussortiert worden war, wurde beim 1:0-Auswärtssieg mit starken Paraden zum Derbyhelden. Insgesamt sechs Mal kam er in der höchsten deutschen Spielklasse zum Einsatz. Als sich Tschauner im Dezember 2011 schwer verletzte, vertrat Pliquett ihn in zehn Zweitliga-Spielen, blieb fünfmal ohne Gegentor.

Dauerhaft als Nummer eins etablieren konnte sich der extrovertierte Spaßvogel, der die Spiele oftmals von der Fantribüne aus verfolgte, nie. Große Verdienste um den FC St. Pauli erwarb er sich vor allem durch sein soziales Engagement und seine im Profifußball außergewöhnlich hohe Identifikation mit dem Club.