Bei der Jahreshauptversammlung des Zweitligisten stellen sich die Führungsgremien hinter Vizechef Stenger

Hamburg. Dass es mit dem im Vorfeld ausgiebig diskutierten Abwahlantrag gegen Vizepräsident Gernot Stenger nichts werden würde, war auf der Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli früh deutlich geworden. Stenger hatte viele Hände zu schütteln, als er um 18.26 Uhr den Saal 2 des CCH betrat. Und auch während der folgenden Reden konnte sich der 55-Jährige, der als Mitglied der DFL-Sicherheitskommission in die Kritik geraten war und sich des Vorwurfs erwehren muss, gegen die Interessen der eigenen Mitglieder gehandelt und gegenüber Fanvertretern anschließend in zwei Fällen die Unwahrheit gesagt zu haben, der breiten Zustimmung aus dem mit 960 Mitgliedern gefüllten Plenum sicher sein.

"Wir haben möglicherweise Fehler gemacht, aber immer in der Konsequenz gehandelt, das Beste für den Verein zu tun. Der Abwahlantrag ist völlig unverhältnismäßig. Das hat auch nichts mehr mit konstruktiver Kritik zu tun", stellte Präsident Stefan Orth in seinem 31-minütigen Bericht klar. Anschließend sollte sich der Aufsichtsrat ähnlich positionieren: "Wir werden den Antrag gegen Gernot Stenger nicht unterstützen", sagte Chefkontrolleur Christoph Kröger. Auch wenn zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch kein Abstimmungsergebnis vorlag, konnte die benötigte Dreiviertelmehrheit spätestens nach Krögers Bekenntnis ausgeschlossen werden.

Einheit zwischen den Führungsgremien in der Causa Stenger, Differenzen auf anderen Themenfeldern, wie der Aufsichtsrat deutlich machte: "Wir hätten es begrüßt, wenn sich der FC St. Pauli ähnlich wie der 1. FC Union Berlin verhalten hätte", sagte Kröger und erntete einen Applaus, der in Sachen Lautstärke und Intensität nur noch von den erfolgreichen B-Junioren der Bowling-Abteilung erreicht wurde. Die Konsequenz und Klarheit, mit denen sich die Köpenicker früh gegen das DFL-Papier "Sicheres Stadionerlebnis" positionierten, hatte es bei den Hamburgern erst nach einigen Diskussionsrunden gegeben. Kröger, der 32 Minuten sprach, kritisierte zudem eine phasenweise mangelhafte Kommunikation. Zudem warnte Kröger angesichts der positiven wirtschaftlichen Entwicklung vor verfrühter Euphorie, bezifferte die Gesamtverbindlichkeiten auf 32,9 Millionen Euro und berichtete im Vergleich zur Zweitligasaison 2009/2010 von einem Anstieg der Personalkosten um 50 Prozent sowie einer Erhöhung der Verwaltungskosten um 100 Prozent.

Insgesamt sei die Zusammenarbeit mit dem Präsidium aber zufriedenstellend verlaufen, sodass der Satzungsänderungsantrag über eine Beteiligung an Personalfragen leitender Angestellter des Aufsichtsrates zurückgezogen wurde.

Lob und Tadel auch vom Vorsitzenden der Abteilung Fördernde Mitglieder. Alexander Gunkel lobte die Verantwortlichen in vielen Sachfragen ausdrücklich für eine ausgezeichnete Arbeit, attestierte den Mitgliedern aber mangelnde Kritikfähigkeit. "Wenn Fans und Mitglieder des FC St. Pauli nicht mehr fordern dürfen, dann stellt sich die Frage, wen das Präsidium noch vertritt. Wenn mir Hunderte Geisterfahrer entgegenkommen, muss ich mich vielleicht fragen, ob ich in die richtige Richtung fahre." Eine Meinung, die mehrheitsfähig war. Dennoch entlasteten die Mitglieder das Präsidium anschließend ohne Gegenstimme.