Vor dem ersten Duell zwischen dem FC St. Pauli und Ex-Klub SC Paderborn bezieht Florian Mohr Stellung

Hamburg. Etwas steif kommt Florian Mohr, 28, zum Interviewtermin mit dem Abendblatt. Der Innenverteidiger hat sich im Training am Rücken verletzt und muss um seinen Einsatz gegen den SC Paderborn, seinen ehemaligen Verein, am kommenden Sonntag um 13.30 Uhr bangen. Ein Ausfall wäre für Mohr besonders ärgerlich, da es das erste Duell mit seinem früheren Arbeitgeber wäre. Trotzdem nimmt er sich die Zeit, um über die Entwicklungen beim FC St. Pauli, Ex-Trainer André Schubert, der ihn zu St. Pauli lotste, und Neu-Trainer Michael Frontzeck zu sprechen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Mohr, als Sie Anfang des Jahres Ihren Vertrag beim FC St. Pauli unterschrieben, hieß der Trainer André Schubert, der Sportchef Helmut Schulte und St. Pauli spielte um den Aufstieg. Nichts davon ist noch der Fall. Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie das alles passieren konnte?

Florian Mohr:

Stimmt, in relativ kurzer Zeit hat sich viel verändert. Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft, das wissen wir alle. Fakt ist, dass es zuletzt nicht gut lief, dass die Spiele einfach nicht gut waren und wir als Mannschaft teilweise planlos gespielt haben. Der Trainer ist in diesem Geschäft das schwächste Glied und der Erste, den es trifft. Ob er Schuld hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Manchmal ist ein Wechsel einfach notwendig. Ich kann nur hoffen, dass es der richtige Zeitpunkt war und dass wir die Wende jetzt hinkriegen.

Haben Sie beim FC St. Pauli einen anderen Trainer Schubert erlebt als zuvor in Paderborn?

Mohr:

Das würde ich nicht sagen. Die Trainingsinhalte waren hier wie dort eigentlich die gleichen.

Und menschlich? Haben Sie Schubert den Druck angemerkt?

Mohr:

Eigentlich nicht. In Paderborn war auch immer Druck da, weil wir meistens unten drinstanden. Er war natürlich immer unter Spannung, aber letztlich ich habe keinen großen Unterschied festgestellt.

Wie haben Sie reagiert, als er entlassen wurde?

Mohr:

Es ist nie schön, wenn der Trainer entlassen wird. Aber wenn man sich die Ergebnisse anschaut, dann war es leider Zeit, es zu tun. Ich persönlich hätte gedacht, dass wir noch ein Spiel bekommen, um das Ruder rumzureißen.

Ist Schubert denn allein an der sportlichen Misere gescheitert?

Mohr:

Davon gehe ich aus, ich habe nichts anderes mitbekommen.

Was erwarten Sie jetzt vom neuen Trainer?

Mohr:

Ich konnte bisher leider nur eine Einheit mitmachen, da mein Rücken Probleme macht. Aber Michael Frontzeck hat bei seiner Vorstellung am Tag nach dem Union-Spiel einen absolut professionellen Eindruck gemacht und war mir im ersten Training sehr sympathisch. Jeder weiß, dass er weiß, wovon er spricht. Wer so viele Bundesligaspiele gemacht hat, der weiß, wie Fußball funktioniert, und ich glaube, da können wir nur von profitieren. Die Aufbruchstimmung ist spürbar.

Die Aufbruchstimmung war eigentlich auch schon unter den Interimstrainern zu spüren.

Mohr:

Ja, definitiv. Nach einem Trainerwechsel rückt die Mannschaft noch enger zusammen, man wird sich der Lage noch mal bewusster und begreift, dass es wirklich richtig schlecht ist, was im Moment hier abläuft. Der Trainerwechsel ist der letzte Anstoß, den man kriegen kann. Wer es dann noch nicht verstanden hat, dem kann man auch nicht mehr helfen.

Was kann denn das Ziel jetzt sein?

Mohr:

Jetzt von irgendwelchen Zielen zu sprechen macht keinen Sinn. Wir haben sieben Punkte nach neun Spielen, und wenn es so weitergeht, dann sieht es schwarz aus. Wir brauchen schnell viele Punkte und dann kann man sich vielleicht neu sortieren und die Halbsaison analysieren, aber das ist jetzt noch weit weg.

Der nächste Gegner ist Paderborn, Ihr letzter Klub. Haben Sie schon um Schützenhilfe gebeten?

Mohr:

Nein, überhaupt nicht. Ich muss erst mal fit werden, ich will natürlich unbedingt spielen. Das wird schön, ich freue mich sehr darauf.

Bekommen Sie Sprüche von den alten Kollegen, weil Sie zu einem Verein gewechselt sind, der nun unten drinsteht?

Mohr:

Ach, überhaupt nicht. Jeder weiß, dass St. Pauli ein super Klub ist, und wäre an meiner Stelle ebenfalls gewechselt.

Sind Sie enttäuscht, dass Sie nun wieder gegen den Abstieg spielen statt um den Aufstieg?

Mohr:

Ja, ich bin von uns als Mannschaft enttäuscht, dass wir es bisher nicht richtig hingekriegt haben. Es ist noch früh in der Saison, und wir haben noch genug Zeit, das Ruder rumzureißen. Und das müssen und das werden wir, davon bin ich fest überzeugt. Es ist ein bisschen schade, weil wir eine gute Mannschaft sind und nicht da hingehören, wo wir jetzt in der Tabelle stehen. Aber das haben schon viele Mannschaften gesagt und sind am Ende genau deswegen abgestiegen. Wir müssen also höllisch aufpassen und dürfen die Situation nicht unterschätzen.

Haben Sie schon einmal so eine Situation erlebt, dass eine Mannschaft mit hohen Erwartungen startet und dann so tief unten drinhängt?

Mohr:

Mit den Vorzeichen, die wir hier nicht hatten. Aber ich habe schon häufiger gegen den Abstieg gespielt. Ich kenne diese Situation. Sie ist gefährlich.

Wie geht die Mannschaft damit um, was ist Ihr Eindruck?

Mohr:

Natürlich haben alle mehr erwartet, und wir müssen erst einmal durchschnaufen. Wir dürfen das nicht unterschätzen und sagen: Wir haben super Fußballer, das Potenzial ist da, und wir machen das schon irgendwie. Jeder muss sein Ego hintenanstellen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, um da rauszukommen. Union Berlin war dazu schon ein guter Start, auch wenn wir uns nicht ganz belohnen konnten.