Erneuter Kreuzbandanriss bei Sören Gonther zwingt den Klub mit dem kleinsten Kader der Liga zum Nachbessern. Zwei Spieler im Test

Hamburg. Äußerlich wirken sie alle noch entspannt und locker wie gewohnt. Innerlich dürfte die Anspannung bei Rachid Azzouzi, Vizepräsident Jens Duve und Chefscout Stefan Studer nach dem verpatzten Saisonauftakt des FC St. Pauli und angesichts des schwindenden Personals jedoch groß sein. Dass sie gestern gemeinsam an der Bande zum Trainingsplatz lehnten und den Profis bei ihren Übungen zusahen, deutete daraufhin, dass es etwas zu besprechen gab, hatte aber auch zwei offensichtliche Gründe. Ihre Namen: Joseph-Claude Gyau, 19 Jahre altes Mittelfeldtalent aus der Regionalligamannschaft der TSG Hoffenheim, und Georgios Valendrianos, 20, Linksfuß und -verteidiger, der Olympiakos Piräus gehört, zuletzt aber in der zweiten griechischen Liga spielte.

Ein paar Informationen von Beratern und Scouts sowie die Eindrücke von drei Trainingstagen müssen nun reichen, um zu entscheiden, ob diese beiden Spieler (oder zumindest einer von ihnen) der Mannschaft weiterhelfen können und kurz vor Ende der Transferperiode noch unter Vertrag genommen werden. Der Bedarf ist da - und wenn die Verletzungsmisere so weitergeht wie zuletzt, dann kann der Bedarf schnell zur Not werden.

St. Pauli hat mit 23 Profis zusammen mit 1860 München den kleinsten Kader der Liga. Es folgen der SC Paderborn mit 24 Spielern und Regensburg und Aue mit jeweils 25. Keine dieser Mannschaften unterhält jedoch vier Torhüter wie der FC St. Pauli - und keine der Mannschaften hat nach drei Spieltagen so viele Verletzte zu beklagen wie die Hamburger, die gestern die nächste Hiobsbotschaft verarbeiten mussten: Sören Gonther, der im Frühjahr schon mit einem Kreuzbandriss verpflichtet wurde, sich aber in den vergangenen Wochen herangekämpft hatte und seinem Comeback entgegenfieberte, hat sich das Kreuzband erneut angerissen. Der 25-Jährige wird zunächst sechs Wochen lang eine Schiene tragen müssen und in der Hinrunde sicher nicht mehr zum Einsatz kommen. "Ich muss fast wieder von Neuem beginnen. Die Situation ist alles andere als angenehm", sagte Gonther.

Zudem humpelte gestern Daniel Ginczek mit einem dick bandagierten Knie vom Platz, nachdem er umgeknickt war. Eine genaue Diagnose soll es heute geben. Nach den Verletzungen von Lennart Thy und Akaki Gogia, die jeweils vier Wochen pausieren müssen, würde ein Ausfall von Ginczek bedeuten, dass Trainer André Schubert am Sonnabend gegen den SV Sandhausen nur noch 16 Feldspieler zur Verfügung stünden. Kevin Schindler, der gestern wieder ins Training einsteigen konnte, dürfte noch keine ernsthafte Alternative sein.

Der Verein hat die Verkleinerung des Kaders bewusst vorangetrieben, um Situationen wie in der vergangenen Saison zu verhindern, als wenig berücksichtigte Spieler permanent unzufrieden waren. Schon nach drei Spieltagen wird deutlich, dass der Mut bestraft wird. St. Pauli muss nachrüsten. Und in der Konsequenz steigt der Druck auf Sportchef Azzouzi. Dass er beide Testspieler ohne Vertrag wieder ziehen lässt, ist unwahrscheinlich.