Abitur, Beförderung und auch noch ein Profivertrag – Marcel Andrijanic macht beim FC St. Pauli in der Vorbereitung auf sich aufmerksam.

Barsinghausen. "Nein, das war eindeutig mein Fehler. Da gibt es keine Diskussion." Marcel Andrijanic versucht gar nicht erst, seinen verunglückten Pass, der zum einzigen Gegentor beim Test in Koldingen (7:1) geführt hatte, zu entschuldigen. Dabei war sein Rückball auf Torhüter Benedikt Pliquett ein Opfer der Platzverhältnisse geworden. "Der Rasen war sehr, sehr stumpf. Absolut kein Vorwurf an Marcel", sagte Trainer André Schubert.

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Andrijanic gibt sich selbstkritisch, ist strebsam, wissbegierig und saugt die vielen neuen Eindrücke interessiert auf. "Ich bin einer, der nie zufrieden ist", sagt er, und liefert damit einen der Gründe, weshalb er in diesen Tagen zum Thema geworden ist. Marcel wer? Nach nur einem Jahr in der U23 hat es der 19-Jährige in den Zweitligakader des FC St. Pauli geschafft. Am Sonntag Ankunft in seinem ersten Profitrainingslager, Montag erster Medientermin mit dem Abendblatt, gestern nun unterschrieb er seinen ersten Profivertrag. Andrijanics Karriere hat Fahrt aufgenommen, es ist - bislang - der Sommer seines Lebens. "Natürlich habe ich auf diese Tage hingearbeitet", sagt er, "aber dass dann alles so schnell geht, davon konnte ich nicht ausgehen."

Der gebürtige Hamburger bewegt sich zurückhaltend im neuen Umfeld, sein Blick schweift während des Gesprächs in der Lobby des Sporthotels Fuchsbachtal über die Bodenfliesen. Aber er formuliert klare Sätze. "Ich habe in diesem Jahr mein Abitur gemacht", sagt er. "Notenschnitt 2,4. Ganz okay, ne?" Nach dem Abschluss an der Julius-Leber-Gesamtschule warten in Barsinghausen nun die nächsten Reifeprüfungen. "Er ist jemand, der sich nicht zwingend unter-, aber einordnet. Statt Starallüren hat er eine gute Selbsteinschätzung", lobt Schubert das Talent aus dem eigenen Nachwuchs.

Im Alter von zehn Jahren war Andrijanic zum Kiezklub gekommen. Seine ersten Tore schoss er für Germania Schnelsen, aufgewachsen ist er in Eidelstedt. "Ich bin da in einer Wohnsiedlung groß geworden, da gab es viele Kinder, wir spielten jeden Tag Fußball", erinnert er sich. Der Bosnier lebt noch heute dort mit seinen Eltern und Magdalena, der 24 Jahre alten Schwester.

Klug, bescheiden und sportlich hochbegabt - die Voraussetzungen scheinen günstig, dass nach Dennis Daube 2008 mal wieder einem eigenen Talent der Durchbruch gelingen könnte. "Marcel ist taktisch sehr weit, gut im Dribbling, laufstark ,unglaublich fit", stellt Schubert seine Nummer 29 eine realistische Einsatzchance in Aussicht. So weit will der zentrale Mittelfeldspieler noch nicht blicken: "Ich denke momentan nur in Tagen und Wochen." Und die sind aufregend genug.