Nach dem 0:1 in Ingolstadt kritisiert St. Paulis Trainer André Schubert seine Spieler und sagt, was den Hamburgern noch zum Spitzenteam fehlt.

Hamburg. Diesmal blieb André Schuberts Laptop aus. Anders als gewöhnlich wurde die 0:1-Niederlage beim FC Ingolstadt nicht auf dem Rückweg nach Hamburg ausgewertet. Es lag indes weder an der schwachen Leistung seiner Mannschaft noch am ernüchternden Ergebnis, dass der Bildschirm von St. Paulis Cheftrainer am Sonntagabend schwarz blieb. Die Übertragung der TV-Bilder hatte nicht funktioniert, die vom Fernsehsender Sky bereitgestellte DVD konnte nicht eingelesen werden. Selbst nach dem Abpfiff wollten die Fehlermeldungen nicht enden.

Einen Tag später schienen Verärgerung und Frustration bereits auf ein erträgliches Maß gesunken zu sein. Die Spieler flachsten trotz des fein aber penetrant herabtröpfelnden Regens auf den Trainingsplätzen an der Kollaustraße, und auch aus Schubert sprachen mehr Zuversicht und Zutrauen als Zweifel. Dass er - wie nach nahezu jedem Pflichtspiel - nicht gut geschlafen hatte, war ihm jedenfalls nicht anzumerken. Sachlich und den Umständen entsprechend gut gelaunt begab sich André Schubert in die Analyse: "Warum wir zu langsam waren?", wiederholte er die Frage eines Medienvertreters und konnte sich bei deren Beantwortung ein Schmunzeln nicht verkneifen: "Weil wir nicht schnell genug waren." Schlagfertigkeit, (Wort-)Spielwitz und Überraschungsmomente hatte seine Mannschaft am Vortag vermissen lassen. Andererseits kaschierte des Trainers Antwort auch eine gewisse Ratlosigkeit. Die Leistung seiner Mannschaft zu analysieren, fiel trotz fehlender Fernsehbelege nicht schwer, das kollektive Versagen zu ergründen, stellte den 40-Jährigen wie die Beobachter vor ein Rätsel.

"Wir sind körperlich und fußballerisch nicht an unsere Leistungsgrenze gekommen, hatten zu wenige Anspieloptionen, kein gutes Freilaufverhalten, kein Tempo, die Passgenauigkeit fehlte", zählte er die Probleme auf, welche während der 90 Minuten mit Ausnahme von Torwart Philipp Tschauner und Innenverteidiger Markus Thorandt die gesamte Mannschaft durchzogen: "Vorne nix, hinten nix, null Punkte, und auch in der Mitte nix!" Die Kernfrage aber konnten weder Spieler noch Trainer beantworten: Warum? Weshalb erlebte nahezu der gesamte Kader zeitgleich jenen Leistungseinbruch, dass der Trainer selbst durch seine Wechsel nicht mehr einwirken konnte? Am Frühstück, wie Mittelfeldspieler direkt nach dem Abpfiff geunkt hatten, könne es nicht gelegen haben. Tschauner und Thorandt seien ja schließlich auch beim Frühstück gewesen, wie Schubert anmerkte. Auch ein Kopfproblem hat er seinen Profis nicht diagnostiziert: "Es ist nicht so kompliziert, wie es manchmal gemacht wird. Es hat einfach nicht gereicht. Du hast mal Tage, an denen du nicht ans Limit kommst."

Verständnis, das allerdings nicht als Freibrief für derartige Darbietungen verstanden werden sollte. Insbesondere die hoch veranlagte und viel gepriesene Offensivabteilung musste sich Kritik gefallen lassen. "Schon gegen Aue sind wir nicht an die Grenze gegangen, in Braunschweig war das auch ein bisschen so. Da müssen sich insbesondere die vier Jungs vorne angesprochen fühlen. Es muss einen Marius Ebbers in seinem Stolz verletzen, dass nach dem Spiel am Sonntag über einen Ingolstädter Stürmer gesprochen wird, den vorher keiner kannte, und nicht über Marius Ebbers", appelliert Schubert an die Ehre und ergänzt: "Das gilt aber auch für die anderen." Nach dem 1:0-Sieg war ein 24 Jahre junger Angreifer in aller Munde gewesen, der nach 16 Toren im Regionalligateam erstmals in der Startelf stand und so heißt wie St. Paulis Offensive spielte: Karl-Heinz Lappe.

Wischiwaschi-Mentalität, die Punkte kostet, möglicherweise entscheidende. An der Zweitligaspitze ist Konstanz oberstes Gebot. Anders als erhofft und erwartet wurde das Spitzentrio nicht erreicht - im Gegenteil: der Abstand hat sich vor dem Spitzenspiel am Montag gegen Eintracht Frankfurt vergrößert. Nicht zufällig ist St. Pauli trotz herausragender Bilanz nur erster Verfolger der Aufstiegsfavoriten. "Auch das Spitzentrio hat mal schlechte Tage", weiß Schubert, "aber die haben es uns voraus, dass sie die Spiele, in denen es nicht ganz so gut läuft, schadloser überstehen als wir". St. Pauli gelang dies bei den lange Zeit dürftigen Auftritten gegen den FSV Frankfurt (2:1) und Dynamo Dresden (3:1), bei den Niederlagen in Braunschweig und gegen Aue hingegen nicht. Düsseldorf dagegen ist seit neun Monaten unbesiegt, die Eintracht verlor lediglich eine Partie, Fürth ausschließlich in den Spitzenduellen und gegen Braunschweig.

"Auch die anderen werden noch ihre Punkte liegen lassen", ist sich Ralph Gunesch sicher und hat mit seinem Team schon am Montag die Chance, die These tatkräftig zu unterstreichen. Der Innenverteidiger empfahl bereits in Ingolstadt, spätestens ab Mittwoch die Köpfe wieder hochzunehmen, alle Konzentration auf das Top-Spiel gegen Frankfurt zu verwenden und kommentierte via Facebook: "Ja, auch wir kotzen - nein, es war kein gutes Spiel, aber wenn die eigenen Leute anfangen abzuwinken/abzuschenken und den Glauben verlieren, kann ich nur den Kopf schütteln. Ärgern ja, enttäuscht sein ja - aber ab morgen Kopf hoch für das letzte Spiel des Jahres - und zwar ALLE!" Ein Aufruf an die Fans, der aber auch für die Mannschaftskollegen gelten muss. Gegen Frankfurt ist Wiedergutmachung gefragt.