Ein Kommentar von Lutz Wöckener

Musste das sein? Da hat der FC St. Pauli ein Geschäftsjahr voller Rekorde und Superlative hinter sich, und auf der Mitgliederversammlung wird trotzdem bis in die Nacht hitzig diskutiert. Statt Schulterklopfen bekamen Präsidium und Geschäftsführung die Faust gezeigt. Für Außenstehende ein nur schwer nachzuvollziehender Vorgang. Doch die Vereinsführung hatte es verpasst, die Sachthemen im gemeinsamen Austausch vorab zu klären, die Kritiker um den Vorstand der fördernden Mitglieder waren dem großen Knall keineswegs abgeneigt - im Gegenteil.

Natürlich musste es so sein. Weil es der ständige Diskurs ist, der diesen Verein voranbringt und dafür sorgt, dass bei allem nötigen Kommerz die Identität bestehen bleibt. Angenehm zu sehen, dass die fundamentalen, leidenschaftlichen Bewahrer dieser ganz eigenen Kultur weiter gehört werden. Nicht grundsätzlich, wie einige gescheiterte Anträge bewiesen, aber in den zentralen Fragen dann eben doch. Der Verbleib der Juniorenfußballer im ideellen Bereich war auch ein Sieg der Abteilungsautonomie. Die Trumpfkarte der Vereinsführung, mit dem Wechsel in den wirtschaftlichen Bereich eine Steuerersparnis von etwa 250 000 Euro zu erzielen, stach nicht.

Das Präsidium ist gut beraten, den latenten Argwohn nicht persönlich zu nehmen. Wer beim FC St. Pauli die Kommandobrücke betritt, muss wissen, wie Basisdemokratie in diesem Klub gelebt wird. Dennoch sollten vor allem jene ihren Tonfall überprüfen, die der Führung mangelnden Respekt vorwerfen. Es ist nicht die teilweise beleidigende und unpassende rhetorische Schärfe, die den Erhalt der Werte ermöglicht. Der Preis ist in diesem Fall klar definiert: 250 000 Euro.