Bei St. Paulis Gegner Aue läuft nicht nur sportlich einiges schief. Einem Spieler drohen 15 Jahre Haft

Hamburg. Wenn der FC Erzgebirge Aue am Freitagabend beim FC St. Pauli am Millerntor antritt, hoffen die Sachsen auf die Wende. Seit sieben Spielen ist das Team von Trainer Rico Schmitt ohne Sieg. In der Vorsaison führte der Coach die Überraschungsmannschaft der Zweiten Liga noch auf Platz fünf, jetzt rangiert der Verein mit dem kleinsten Etat nur noch im unteren Drittel der Zweitliga-Tabelle. "Wir sind eine Mannschaft, die in der Vergangenheit schon gezeigt hat, was in ihr steckt. Doch wir müssen uns den Respekt beim Gegner wieder erarbeiten und dürfen nicht zu viel Ehrfurcht vor dem Kontrahenten haben", fordert Schmitt.

In seinem Team läuft derzeit allerdings nicht nur sportlich einiges schief. Zuletzt sorgte auch ein echter Kriminalfall für Unruhe. Zunächst war herausgekommen, dass gegen einen 22 Jahre alten Spieler der "Veilchen" Anklage wegen schweren Raubes erhoben wurde. Weil beim FC Erzgebirge jedoch nicht allzu viele Profis mit genau diesem Alter spielen, wurde schnell klar, dass es sich um Offensivakteur Guido Kocer handelt. Der in Worms geborene Deutsch-Türke soll tatsächlich zur von der Boulevardpresse "Machetenbande" getauften Gruppe gehört haben, die in Berlin mehrere Spielkasinos und Cafés überfallen und ausgeraubt hat. Zum Zeitpunkt der Vorfälle spielte Kocer noch für den SV Babelsberg.

Aues Neuzugang hatte bei Veröffentlichung der Vorwürfe bereits ein umfassendes Geständnis abgelegt und wird sich in Kürze vor Gericht verantworten müssen. Angeblich soll der Profi als Auskundschafter an mindestens einem Überfall beteiligt gewesen sein. Während dann der Rest der Bande zuschlug, habe sich der Fußballer auf der Toilette versteckt gehalten. Sollte der Spieler wegen schweren Raubes verurteilt werden, drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. Erschütterungen im Erzgebirge.

Vor einigen Tagen äußerte sich Kocer erstmals selbst zu seiner kriminellen Vergangenheit. "Ich weiß, dass ich angeklagt bin", erklärte der mittlerweile 23 Jahre alt gewordene ehemalige türkische U-21-Nationalspieler auf der Homepage seines Vereins. "Ich habe ein Geständnis abgegeben und werde meine gerechte Strafe bekommen. Zum heutigen Zeitpunkt kann ich nur sagen, dass ich einen Riesenfehler damals in Babelsberg gemacht habe, und der ist natürlich auch nicht zu entschuldigen."

Laut Kocer wussten weder Trainer Schmitt noch Aues Präsident Bernd Keller bei der Verpflichtung über seine kriminelle Vergangenheit Bescheid. Trotz des Geständnisses steht Aue weiter zu seinem Problemprofi. "Wenn er verurteilt wird, müssen wir sehen, wie wir ihm am besten helfen können. Jeder hat eine zweite Chance verdient", sagte Präsident Keller.

Kocer nimmt weiter am Trainings- und Spielbetrieb teil, erzielte am vergangenen Wochenende beim 2:4 gegen Düsseldorf sogar seinen ersten Saisontreffer. Gut möglich, dass er im Spiel gegen St. Pauli sogar von Beginn an ran darf. Es könnte jedoch sein vorerst letzter Auftritt am Millerntor sein. Wegen der drohenden rechtlichen Konsequenzen genauso wie der sportlichen Situation der beiden Vereine.