Nach einer schwierigen Vorsaison glaubt besonders Jan-Philipp Kalla beim neuen Trainer André Schubert an mehr Einsatzzeiten.

Bad Lippspringe. Die Vormittagseinheit im Taktik-Trainingslager von Bad Lippspringe war gerade beendet, als Jan-Philipp Kalla plötzlich mit bunten Plastikschalen auf dem Kopf am Spielfeldrand des Kurwald-Stadions saß. Der 24-Jährige hatte quasi den Hut auf, was im übertragenen Sinn zwar noch nicht seiner Stellung in der Zweitliga-Mannschaft des FC St. Pauli gleichkommt, aber immerhin auf eine gewisse Lockerheit beim Verteidiger hindeutet. Gute Laune, die ihm in der Vorsaison vergangen war.

Nachdem der Lockenkopf in den Planungen von Trainer Holger Stanislawski keine Rolle gespielt hatte, bedeutete die Verpflichtung von André Schubert auch für Kalla einen Neuanfang. "Ich habe im vergangenen Jahr stets versucht, positiv an die Sache ranzugehen", sagt er, "aber jetzt fühlt es sich ganz anders an. Einfach gut. Ich merke, dass meine Arbeit wertgeschätzt wird." Mehr Einsatzzeit in den Testspielen, dazu Tipps und kurze Gespräche von und mit dem Trainergespann beflügeln sein Selbstbewusstsein.

Schubert ließ Kalla bislang rechts wie links agieren. "Ich habe ordentliche Leistungen abgeliefert", meint der junge Familienvater, der sich auf beiden Außenpositionen in der Viererkette heimisch fühlt. Sorgen angesichts der zahlreichen Konkurrenten - St. Pauli hat zehn Abwehrspieler unter Vertrag - macht sich der frühere Concorde nicht. Stattdessen gibt er eine Kampfansage: "Wenn ich Gas gebe, glaube ich nicht, dass sich ein anderer Spieler auf meinen Positionen als gesetzt ansehen kann."

Kalla ist nicht der einzige Hamburger Jung, der sich unter Schubert neue Chancen ausrechnet. Gleich sieben Spieler, die ihre Wurzeln bei einem Verein aus dem Hamburger Fußball-Verband haben, kämpfen bei den Braun-Weißen um Einsätze in der Zweiten Liga. Neben Kalla sind dies die Etablierten Dennis Daube (derzeit verletzt) und Max Kruse sowie Davidson Drobo-Ampem, Petar Filipovic, Deniz Herber und Ole Springer. Hinzu kommen Benedikt Pliquett (Ahrensburg), Fabian Boll (Bad Bramstedt) und Rouwen Hennings (Bad Oldesloe/ebenfalls verletzt) drei weitere Profis aus dem Umland. St. Pauli ist wieder "Nordisch by Nature".

Drobo-Ampem, 23, hatte der Verein nach einem halben Jahr beim dänischen Erstligaabsteiger Esbjerg fB weiterverleihen wollen, doch nun darf Kallas Kumpel wahrscheinlich bleiben und seinem Freund direkte Konkurrenz in der Außenverteidigung machen. "Er hat sich sehr ordentlich präsentiert", lobt Trainer Schubert.

Nach der Rückkehr in die Regionalliga ist das U-23-Team wieder eine echte Option zum Sammeln von Spielpraxis, sollte es nicht zu einem Platz im Zweitliga-Kader reichen. Explizit für die "Zweite" vorgesehen ist Springer, 19, wenn sich keiner seiner Mistreiter im Tor verletzt. Die aus dem Nachwuchs aufgerückten Mittelfeldspieler Filipovic, 20, und Herber, 19, dürfen sich dagegen den Profis zugehörig fühlen.

Filipovic schnupperte in der vergangenen Saison bereits einmal Bundesligaluft. Der in Billstedt aufgewachsene Deutsch-Kroate gibt sich dennoch bescheiden. Er wolle sich etablieren. "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen", sagt er, "es war immer mein Ziel, es beim FC St. Pauli zu den Profis zu schaffen." Dass ihn dies allein nicht zufriedenstellen wird, weiß sein Kollege Kalla nur zu gut. Stanislawski empfand ihn selbst als zu leise für den nächsten Schritt. "Jetzt versuche ich lauter zu sein", meint er. Ein gutes Mittel, um irgendwann auch in der Mannschaft den Hut aufzuhaben.