St. Paulis Neuzugang Philipp Tschauner über den Kampf um die Nummer eins, mangelnde Spielpraxis und seine Qualitäten als Kassenwart.

Hamburg. Farblich macht St. Paulis neuer Torhüter Philipp Tschauner schon mal auf sich aufmerksam. Mit neongelben Schuhen und einem roten Langarmshirt sticht der 1,96-Meter-Mann im Training der Braun-Weißen heraus. Nachdem er zuletzt bei 1860 München nur ein Reservisten-Dasein führte, will der 25-Jährige in Zukunft vor allem sportliche Akzente setzen.

Abendblatt: Herr Tschauner, bei Ihrem ehemaligen Klub fließen jetzt jordanische Millionen. Haben Sie es schon bereut, zu St. Pauli gewechselt zu sein?

Philipp Tschauner: Überhaupt nicht. Das Kapitel 1860 ist nach fünf Jahren Gott sei Dank abgeschlossen. Ich will mich bei St. Pauli neu beweisen.

Warum fiel Ihre Wahl auf St. Pauli?

Tschauner: Weil es St. Pauli ist, dieser Verein, dieses Flair, die besondere Atmosphäre. Viele haben mich gefragt: "Und, wie war dein erster Tag?" Da habe ich gesagt: "Einfach St.-Pauli-like."

Sie waren bereits im vergangenen Sommer bei St. Pauli im Gespräch. Woran ist der Wechsel damals gescheitert?

Tschauner: Ich glaube, dass es am Ende eine Entscheidung zwischen Thomas Kessler und mir war. Ich hatte zwar in der Zweiten Liga bewiesen, dass ich den Sprung schaffen kann, aber Kessler stand eben für mehr Bundesligaerfahrung. Das war schade, aber dafür bin ich froh, dass es jetzt geklappt hat.

Wie haben Sie es verkraftet, in München dauerhaft zweite Wahl zu sein?

Tschauner: Es war eine harte Zeit. Vorher hatte ich eigentlich immer gespielt, doch mit der Verpflichtung von Gabor Kiraly bekam ich dann 2009 jemanden vor die Nase gesetzt. Es gab da keinen fairen Konkurrenzkampf. Trotzdem habe ich mich in dieser Zeit weiterentwickelt, vor allem was meine Persönlichkeit angeht. Ich habe anderweitig Verantwortung übernommen, war Ansprechpartner für die Spieler, habe auch den Kassenwart gemacht. Es ist wichtig, dass man Typen hat, die Abläufe in der Mannschaft regeln können.

Bei St. Pauli wird vielleicht noch ein Nachfolger für Timo Schultz gesucht.

Tschauner: Nein, lassen Sie mal. Als Neuzugang will ich erst mal die Strukturen hier kennenlernen. Es ist aber wichtig, dass man auch charakterlich eine besondere Rolle in der Mannschaft übernimmt, und das werde ich tun. Als Torhüter hat man ohnehin eine besondere Position, auf der man eine gewisse Souveränität ausstrahlen muss.

Was macht Sie zuversichtlich, dass Sie trotz der zuletzt fehlenden Spielpraxis genau diese Souveränität haben?

Tschauner: Die Sommervorbereitung ist gut, um mit den Freundschaftsspielen in einen Rhythmus zu finden. Grundsätzlich ist es doch auch so, dass ein zweiter Torhüter selten planlos agiert, wenn er dann eingesetzt wird. Ich glaube, dass es für einen Feldspieler schwieriger ist, wieder in die Abläufe reinzukommen. Zuversichtlich macht mich auch, dass ich bei Sechzig immer ordentliche Leistungen geboten habe, als ich noch gespielt habe.

Was zeichnet Sie aus?

Tschauner: Aufgrund meiner Statur ist natürlich die Präsenz im Strafraum ein wichtiger Aspekt. Ich glaube außerdem, dass das Dirigieren des Abwehrbereichs eine meiner Stärken ist. Ich bin ein sehr lauter Torhüter, mache viel den Mund auf. Wenn man vorher etwas erkennt und es anspricht, kann man eher noch etwas verhindern.

Mit dem Wechsel in den Norden verlassen Sie erstmals Ihre Heimat Bayern.

Tschauner: Von den Bergen an die See. Ich bin ehrlich gesagt froh, mal aus Bayern rauszukommen. Es ist ein weiterer Schritt in eine Selbstständigkeit.

Haben Sie schon ein Domizil gefunden?

Tschauner: Im Moment wohne ich noch im Hotel, aber ich habe schon die Schlüssel für meine neue Wohnung in Eimsbüttel bekommen. Wirklich einziehen werden wir dort aber erst Ende des Monats.

Wir bedeutet, dass Sie noch jemanden nach Hamburg mitbringen.

Tschauner: Ja, meine Freundin Jenny kommt mit nach Hamburg. Es ist wichtig, dass man in so einer Phase jemanden an seiner Seite weiß. In der Mannschaft habe ich mit Markus Thorandt jemanden, den ich schon länger kenne, der mir das Einleben ein bisschen erleichtert.

Es geht für Sie in der Vorbereitung auch darum, mit Ihren übrigen Mitspielern warm zu werden. Andererseits sind die, mit denen Sie beim Training am meisten zu tun haben, gleichzeitig die Konkurrenten im Kampf um den Platz im Tor. Ist das ein Problem?

Tschauner: Wir Torhüter sind unsere eigene Gang. Natürlich muss ein Konkurrenzkampf herrschen, aber deshalb sollte man trotzdem ordentlich miteinander umgehen. Da darf es keine Nebenkriegsschauplätze geben. Bislang haben wir ein super Verhältnis.