Der FC St. Pauli bleibt trotz des hohen Krankenstands weiter optimistisch

Hamburg. Der Mannschaft war am Tag nach der aktuellsten Hiobsbotschaft nichts anzumerken. Die 19 verbliebenen Profis freuten sich wie die Kinder, dass sie erstmals auf dem federweichen Kunstrasenplatz trainieren durften. Der Ball versprang nicht, die Pässe kamen strammer, die Spieler mussten keine Angst mehr haben, sich das Bein zu vertreten. Der neue Teppich an der Kollaustraße schont Gelenke, Muskeln und Bänder. Ein Faktor, der aufgrund der aktuellen Personallage, die sich durch den Schienbeinbruch von Moritz Volz noch einmal zugespitzt hat, von übergeordneter Wichtigkeit sein dürfte. Da fällt es schon fast nicht mehr ins Gewicht, dass der zum Rechtsverteidiger umgeschulte Fin Bartels seit Anfang der Woche nicht trainieren kann, weil ihm eine Verspannung im Rücken Schmerzen bereitet. Das Verletzungspech des FC St. Pauli hat in dieser Woche seinen Höhepunkt erreicht.

Fünf langzeitverletzte Abwehrspieler, die in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz kommen, der Muskelfaserriss in der Wade von Mathias Hain könnte ebenfalls dessen Saisonaus bedeuten. Die Misere zieht sich durch die Saison wie eine Zündschnur, an der in regelmäßigem Abstand kleine Bomben detonieren. Was mit dem Sehnenteilabriss von Gerald Asamoah in der Saisonvorbereitung begann, setzte sich mit einem Mittelfußanbruch bei Youngster Dennis Daube und einer Fleischwunde bei Carsten Rothenbach fort und endete am Donnerstag vorläufig mit dem Schienbeinbruch von Volz. Die Tabelle (siehe unten) zeigt deutlich, dass in dieser Saison ungewöhnlich viele Leistungsträger aus der Mannschaft von Holger Stanislawski längere Verletzungspausen (ab zwei Wochen) einlegen mussten.

Wie geht man als Mannschaft mit so einer Flut von schlechten Nachrichten um? Beim FC St. Pauli gibt es nur eine Strategie: Nicht unterkriegen lassen, es muss weitergehen. Zu Saisonbeginn hieß es, dass der Verein allen unter Vertrag stehenden Spielern die Bundesliga zutraut. Dieser Satz wird seit einigen Wochen auf beinahe absurde Weise auf den Prüfstand gestellt. Die Bilanz spricht bislang gegen die Behauptung.

Trotzdem reden sich Spieler und Trainer stark und Mut zu. "Verletzungen sind immer ärgerlich", sagt Florian Lechner, der nach einem Haarriss im Fuß gerade wieder fit geworden ist. "Aber sie können eben immer passieren. Wir dürfen nicht den Durchblick verlieren und hektisch werden." Lechner, der in dieser Saison erst auf vier Einsätze kommt, ist gemeinsam mit Jan-Philipp Kalla erster Kandidat für die frei gewordene Position auf der linken Abwehrseite. Einzig verbliebener Einwechselspieler für die Defensive ist jetzt Marcel Eger.

"So etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte Holger Stanislawski bereits vor dem Spiel gegen Stuttgart über die Personalsituation. Der medizinischen Abteilung hat er schon vor Wochen sein "grenzenloses Vertrauen" ausgesprochen. Nach Gründen und Schuldigen wird beim FC St. Pauli nicht gesucht, der Trainer scheint sich mit dem Schicksal abgefunden zu haben, ergeben hat er sich aber längst noch nicht. "Das ist bitter, aber da müssen wir jetzt durch", sagte Stanislawski, als er von Moritz Volz' Schienbeinbruch erfuhr.

Der Mannschaft, dem gesamten Verein bleibt ja auch nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen - und zu beweisen, dass der gesamte Kader bundesligatauglich ist.