Beim FC St. Pauli haben drei ehemalige Spieler von 1860 München eine Heimat gefunden. Einer von ihnen ist Mittelfeldmann Matthias Lehmann.

Hamburg. Zwischen dem Millerntor-Stadion und der Allianz-Arena in München liegen knapp 800 Kilometer. Es ist die größte räumliche Distanz, die der FC St. Pauli in dieser Saison für ein Auswärtsspiel zurücklegen muss. Bei der Vereins-, und Stadiongröße, der Höhe des Etats und der Kapazität der Trophäenvitrine ist der Abstand zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Bayern ähnlich groß. Dass der Rekordmeister in der Tabelle in Reichweite ist - sechs Punkte und genauso viele Plätze trennen die beiden Klubs derzeit -, ist eher überraschend. So drückt sich die Nähe zu dem Klub aus der bayerischen Hauptstadt zum einen durch die allseits bekannte "Retteraktion" der Bayern, zum anderen durch die alte Rivalität einiger Personen aus, die einmal in München, bei 1860, zu Hause waren und nun in Diensten der Hamburger stehen. Die München-Connection des FC St. Pauli.

"Wenn man einmal bei 1860 München gespielt hat, dann gehört ein Spiel bei den Bayern immer zu den Besonderen", sagt Matthias Lehmann, der genau wie der rotgesperrte Innenverteidiger Markus Thorandt drei Jahre lang das Trikot der "Löwen" trug. "Es steckt noch immer in mir drin, dass ich es den Bayern so schwer wie möglich machen will", sagt er, und sein Grinsen deutet an, dass die Erinnerung an sein einziges "Auswärtsspiel" bei den Bayern, als er gegen Michael Ballack und Roy Maakay randurfte, noch präsent ist. Am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) heißen die Gegner Schweinsteiger und Lahm - beide alte Weggefährten aus der Juniorennationalmannschaft -, und damals wie heute ist klar: "Wir müssen über unsere Grenzen hinausgehen und hoffen, dass die Bayern keinen guten Tag erwischen."

Co-Trainer Thomas Meggle, dritter Mann im Bunde der München-Connection, ist in München geboren und aufgewachsen. Als kleines Kind schlief er in Bayern-Bettwäsche und stellte damit die Toleranz seiner Eltern, bekennende Sechziger, auf die Probe. Mit 13 Jahren spielte Meggle dann selbst jahrelang für den Münchener Traditionsklub, ließ es sich aber weiterhin nicht nehmen, im Olympiastadion die großen Stars wie Karl-Heinz Rummenigge und Co. zu unterstützen. "Ich freue mich, wenn es den Münchner Vereinen gut geht", gibt sich Meggle heute neutral. Sein Herz schlägt eh für den FC St. Pauli seit er 1997 erstmals an die Reeperbahn wechselte, auch wenn die Verbundenheit zu seiner Heimatstadt, in der ein Großteil seiner Familie wohnt, und in der er insgesamt 23 Jahre lang lebte, ungebrochen ist. Für ihn ist die Rückkehr nach München zur Gewohnheit geworden. "Das relativiert sich irgendwann. Für mich ist das ein Spiel und ein Stadion wie alle anderen auch. Allein die Jungfräulichkeit in so einem Stadion aufzulaufen ist das Besondere", sagt Meggle, der die meisten großen Arenen des Landes gesehen hat.

Für den Großteil der Spieler des FC St. Pauli ist die Partie gegen die Bayern also eine Besondere, die Wenigsten haben schon gegen die Bayern gespielt, schon gar nicht in der Allianz-Arena. Lediglich Carlos Zambrano und Gerald Asamoah durften diese Erfahrung machen. Matthias Lehmann, der ehemalige Sechziger, weiß von zusätzlichem Ansporn zu berichten, wenn 60 000 Bayern-Fans gegen einen sind. "Es ist doch ein schönes Gefühl, von so vielen Leuten ausgepfiffen zu werden. So etwas muss man erst mal erreichen."

Die sportlich Zielvorgabe zu erreichen ("etwas mitnehmen"), wird für die Mannschaft von Trainer Holger Stanislawski ein schweres Stück Arbeit. Die Mannschaft ist von der vor der Saison ausgegebenen Vorgabe, auch in der Bundesliga am gepflegten, schnellen Passspiel festzuhalten, etwas abgerückt. "Wir müssen ein Gleichgewicht finden", sagt Lehmann, der seit Montag mit einer leichten Reizung eines Schleimbeutels im Knie zu kämpfen hat, am Sonnabend aber spielen kann. "Es wird auch gegen die Bayern Phasen geben, in denen wir am Drücker sind, da müssen wir versuchen, spielerische Lösungen zu finden. Aber die Bayern sind nicht über 90 Minuten von unserem Tor abzuhalten. Und dann gilt es, all unsere Kampfkraft in die Waagschale zu werfen." Um die Distanz zu den Bayern ein kleines Stück zu verringern.