Kaum Resonanz bei der Vorstellung der 13 Kandidaten für den Aufsichtsrat des FC St. Pauli gestern im Ballsaal in der Südtribüne.

Hamburg. Roger Hasenbein begann seine dreiminütige Vorstellung mit Verwunderung. "Ich weiß gar nicht so genau, was ich erzählen soll. Wenn ich mich hier so umschaue, dann kenne ich ja sowieso jeden - und ihr mich auch." Die Vorstellung der 13 Kandidaten für den Aufsichtsrat sowie des fünfköpfigen, vom Aufsichtsrat vorgeschlagenen Präsidiums um Stefan Orth wollten gerade einmal etwa 60 der insgesamt 13 000 Mitglieder des FC St. Pauli im Ballsaal in der Südtribüne erleben. Ein Fingerzeig für eine unaufgeregte Jahreshauptversammlung am 14. und 15. November im Saal 1 des CCH? "Die Mitglieder scheinen das generelle Gefühl zu haben, dass die Dinge hier gut laufen", analysierte Vizepräsident Bernd-Georg Spies.

In jedem Fall verpassten die Abwesenden die Erklärung des ehemaligen Vizepräsidenten Marcus Schulz, der das zumindest in der Öffentlichkeit noch bestehende Geheimnis, weshalb er im Mai dem Rücktritt von Präsident Corny Littmann mit seinem eigenen nachgefolgt war, lüftete. "Der Aufsichtsrat hat uns damals gebeten, einen Präsidenten aus unseren Reihen zu benennen. Es gab zwei Kandidaten. Stefan hat drei Stimmen erhalten, ich eine", verriet Schulz, der sich als einer von sieben neuen Kandidaten für das siebenköpfige Kontrollgremium bewirbt und seine Motivation klarstellte: "Hätte ich mich rächen wollen, dann hätte ich das damals gemacht, aber dafür ist mir auch der Verein zu wichtig."

Schulz war der vorletzte der 13 Bewerber. Die sechs bereits im Kontrollgremium sitzenden Michael Burmester, Christoph Kröger, Tay Eich, Lars Sörensen, Uwe Doll und Hasenbein erläuterten ihre Motivation für eine weitere Amtszeit, und die Neuen um Schulz und den bei den letzten Wahlen nur knapp geschlagenen Filmproduzenten Alexander Müller-Elsner, 50, liefen schon mal warm, um am 14. November die Gunst der Mitglieder zu erwerben.

Während der 46-jährige Vertriebsleiter Frank Belchhaus und vor allem Diplom-Betriebswirt Jens Feldhusen, 39, stark mit ihrer Nervosität zu kämpfen hatten, sorgten zwei Kandidaten für Erheiterung im überschaubaren Plenum. "Mein dreijähriger Sohn Nelson denkt, ich würde Pirat von St. Pauli werden", so Georg Möller, der sich als 55-jähriger Jurist und Ideenscout aus dem Schanzenviertel vorstellte. Christoph Lucks hatte zuvor in seinem gelungenen Beitrag über die eigenen sportlichen Qualitäten philosophiert: "Über die 2. Kreisklasse bin ich im Fußball nicht hinausgekommen, zumal ich eher Modell Timo Schultz bin." Der Verwaltungsjurist, 44, aus Reinbek fokussierte daher lieber auf sachliche Ziele: keine Ausgliederung der Profiabteilung, kein Verkauf des Stadionnamens und eine gute Durchmischung des Aufsichtrats mit alten Hasen und frischen Kräften.

Zu denen will auch Jens Kauerauf gehören, der laut eigener Aussage früher "auch mal ein kleiner Punker" gewesen war, die kämpferischste Rede des Abends hielt und dabei auch deutliche Kritik an Präsidium und aktuellem Aufsichtsrat formulierte. Vielleicht ein etwas zu forsches Auftreten des unbekannten 42-jährigen Diplom-Volkswirts aus Ahrensburg.

Souveränität hatte hingegen einmal mehr Spies ausgestrahlt, der bei seinem Beitrag die Erfolge des Präsidiums herausstrich und um das Vertrauen der Mitglieder warb. Gleiches taten Orth und die ebenfalls als Vizepräsidenten vorgeschlagenen Jens Duve, Gernot Stenger und Tjark Woydt. Nachfragen aus dem Publikum gab es keine, nach 69 Minuten war alles vorbei. Fortsetzung folgt...