Ex-Präsident Corny Littmann soll von den Mitgliedern des FC St. Pauli mit einem Titel gewürdigt werden, den die Satzung nicht kennt - ein Problem.

Hamburg. Dass er "gewählt" werden wird, wenn der Antrag zur Abstimmung kommt, daran bestehen kaum Zweifel. Zu viel hat Corny Littmann bei aller Kritik an seinem polarisierenden Verhalten und Vorgehen als Präsident von Dezember 2002 bis zu seinem Rücktritt am 19. Mai 2010 für den FC St. Pauli geleistet. Ohne den 57-Jährigen würde der Klub am Wochenende wahrscheinlich eher gegen den FSV Frankfurt in einem baufälligen Rund statt gegen die Eintracht im erneuerten Millerntor-Stadion spielen.

Hinzu kommt, dass unter den etwa 60 Antragstellern, die sich zu zwei Dritteln aus der Rugby-Abteilung zusammensetzen und den Antrag vor einer Woche offiziell auf der Geschäftsstelle eingereicht haben, prominente Befürworter finden. Mit Sportchef Helmut Schulte, Trainer Holger Stanislawski und Co-Trainer Andre Trulsen wollen gleich drei Ikonen, die bei der Basis momentan als unantastbar gelten, den aktuellen Geschäftsführer der Service GmbH zum Ehrenpräsidenten machen. Wer also wollte widersprechen, wenn Stanislawski am Sonntag, 14. November, unter Tagesordnungspunkt neun den Antrag verliest? Das Drehbuch ist geschrieben: tosender Applaus, der nach wenigen Sekunden seinen Rhythmus findet und die vereinzelten Pfiffe und Buhrufe aus dem Lager der Kritiker übertönt. Standing Ovations, Umarmungen, Tränen, Blumenstrauß.

Allerdings stellt sich zwei Wochen vor der Versammlung die Frage, ob der Plot - um im Bild zu bleiben - überhaupt zur Aufführung kommt. Denn die 27 Seiten umfassende Vereinssatzung sieht keinen Ehrenpräsidenten vor, Fans und Mitglieder diskutieren nun über Rechtmäßigkeit und Richtigkeit des Antrags. Auch der Verein selbst weiß noch nicht, wie er mit dem Vorgang umzugehen hat. Noch in dieser Woche wird sich das Präsidium mit dem Ehrenrat besprechen, um eine Lösung für die Problematik zu präsentieren. Nach aktuellem Stand müsste von der Mitgliederversammlung zunächst einmal darüber abgestimmt werden, ob ehemalige Präsidenten überhaupt zum Ehrenpräsident ernannt werden sollen und dürfen. In einer zweiten Abstimmung könnte dann der vorliegende Antrag behandelt werden.

Ehre, wem Ehre gebührt? Mindestens bis zum Dialog zwischen Präsidium und Ehrenrat bleibt Littmann im formaljuristischen Wartestand. Doch Förmlichkeiten waren seine Sache nie, und die Vergangenheit hat gelehrt, dass Littmann von der Satzung gestellte Hürden locker überspringt.