Bei der 15. Hamburg Soiree ließ es sich St. Paulis Ex-Präsident Corny Littmann nicht nehmen, HSV-Chef Bernd Hoffmann frontal zu attackieren.

Hamburg. Es ist kein großes Geheimnis, dass ganz Hamburg schon einem Monat vor dem Aufeinandertreffen zwischen dem FC St. Pauli und dem HSV im Derbyfieber ist. Wie sehr die Hansestadt dem ersten Derby seit acht Jahren aber tatsächlich entgegenfiebert, wurde 26 Tage vor dem eigentlichen Spiel gestern Abend deutlich. So sorgten mehr als 240 Gäste aus Sport, Wirtschaft, Politik und Kultur für einen neuen Besucherrekord bei der mittlerweile 15. Hamburg Soiree, an der neben dem Ersten Bürgermeister Ole von Beust diesmal auch HSV-Chef Bernd Hoffmann und St. Paulis Präsident a.D. Corny Littmann teilnahmen. Und tatsächlich wurde die lockere Gesprächsrunde eine Art verbales Stadtderby mit Anzug und Krawatte, das die Lust auf das Kräftemessen mit Trikot und kurzen Hosen nur noch steigerte.

In bewährter Manier - und erneut unterstützt durch die finanzielle Hilfe des Internetportals guenstiger.de - schafften es die beiden Moderatoren Christian Hinzpeter und Abendblatt-Redakteur Jens Meyer-Odewald, den unterschiedlichen Gesprächspartnern im edlen Gobelin-Saal des Hotels Vier Jahreszeiten ungewöhnliche Bekenntnisse und auch einige verbale Scharmützel zu entlocken. Die zahlreichen Zuhörer - darunter auch HSV-Vorstand Katja Kraus, die HSV-Aufsichtsräte Horst und Peter Becker, Jörg Debatin sowie Ian Karan, St. Paulis Vorstände Stefan Orth und Bernd-Georg Spies und Kiezklub-Sportchef Helmut Schulte - sollten ihr Kommen jedenfalls nicht bereuen. So nahm Hoffmann mit einem zufriedenen Lächeln zur Kenntnis, dass sich der scheidende Bürgermeister, der gestern seine letzte Soiree als Gastgeber absolvierte, vorsichtig offensiv zum HSV bekannte. Auch Littmanns Frotzeleien ("Bei uns kosten die Separees die Hälfte und die Stimmung im Stadion ist besser") konterte Hamburgs Vorstandsvorsitzender mit einem lockeren Spruch: "Unsere Logen sind immerhin ausverkauft, bei ihnen sind meines Wissens noch ein paar Separees frei."

Neben allerlei nett gemeinter Seitenhiebe ließ es sich Littmann - weißer Anzug, rotes Hemd und braune Krawatte - dann aber nicht nehmen, Hoffmann - im schwarzen Anzug, weißen Hemd und mit blauer Krawatte - auch ganz frontal mit einer verbalen - aber auch etwas stillosen - Blutgrätsche zu attackieren. "Ich habe beim HSV in den vergangenen beiden Jahren nicht immer verstanden, wer da eigentlich über was redet", sagte Littmann, der sogar noch nachlegte: "Ich wusste zeitweise gar nicht, ob der HSV gerade einen Sportchef, einen Sportdirektor oder sonst irgendwen hatte. Bei uns ist der Vorteil, dass alle Kompetenzen sehr gut verteilt sind. Und meiner Meinung nach ist es nicht die Verantwortung eines Präsidenten, Spielertransfers abzuwickeln".

Hoffmann gab zu, auf eine derartige Frage nicht vorbereitet gewesen zu sein, kündigte aber an, auch nach den getätigten Personalentscheidungen unter den Top 20 in Europa bleiben zu wollen: "Es ist ein schwieriger Weg, den wir aber weiter beschreiten werden." Einer Meinung waren sich die drei Protagonisten dann wieder bei der Verurteilung der Fankrawalle vom vergangenen Wochenende. Großes Verständnis hatte Hoffmann auch für die Rücktritte von Beusts und Littmanns, da eine derartige Aufgabe an der eigenen Person zerren würde. "Irgendwann fragt man sich, wie lange man das seiner Familie zumuten kann", sagte Hoffmann, dessen Eltern im Publikum saßen, um aber gleichzeitig zu betonen: "Ich habe aber noch nicht fertig! Ich will vor meiner Aufgabe nicht weglaufen." Und dass zu dieser Aufgabe weiterhin das finanzielle Engagement Klaus-Michael Kühnes gehört, steht für Hamburgs Vorstandsvorsitzenden trotz der Kritik der vergangenen Tage außer Frage: "Ich würde den Deal immer wieder so machen. Wir benötigen auch in der Zukunft kreative Finanzierungskonzepte".

Zum Abschluss des kurzweiligen Abends verteilten Hinzpeter und Meyer-Odewald noch themenbezogene Geschenke an das Gesprächstrio. Der scheidende Bürgermeister und Syltliebhaber von Beust, dessen Nachfolger bei der kommenden Soiree noch nicht feststeht, erhielt einen Picknickkorb, St. Paulis Ex-Präsident Littmann eine Hängematte für die neu gewonnene Zeit und HSV-Chef Hoffmann neben einem Essensgutschein noch ein Glas saure Gurken der Firma Kühne. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.