St. Paulis Kapitän fiebert dem Derby entgegen - als Ersatzmann

Hamburg. Der 19. September 2010 soll zu einem Tag werden, den man beim FC St. Pauli nie mehr vergisst, den man in besonders positiver Erinnerung behält. Ein Tag, der selbst das 2:1 im Jahr 2002 gegen den FC Bayern zur Nebensächlichkeit werden lässt. Die Sehnsucht nach einem Erfolg gegen den HSV ist groß. So groß, dass sich die Fangruppierung Ultra Sankt Pauli Mitte der Woche mit einem offenen Brief an die Mannschaft wandte. "Sehr viele Leute, die schon sehr lang den FC St. Pauli in ihrem Leben begleiten, die ihren Urlaub angelehnt an den Spielplan nehmen, die in ihrem Herzen einen geräumigen Platz mit Aussicht für den FC reserviert haben - sie alle haben ihr ganzes Fan-Leben auf diesen Tag gewartet", heißt es darin. Die Klasse zu halten sei wichtiger als ein Sieg im Derby. "Jedoch würde Euch ein Triumph in diesem Spiel nicht nur zu Gewinnern der Begegnung machen. Sondern zu Helden in unzähligen braun-weißen Herzen."

Kapitän Fabio Morena gehört zu den Spielern, denen dies nicht erst beim Lesen des Briefs bewusst geworden sein dürfte. Morena, Fabian Boll, Florian Lechner, Marcel Eger, Timo Schultz Jan-Philipp Kalla, Benedikt Pliquett und Dennis Daube spielen allesamt länger als fünf Jahre beim Kiezklub, haben das Lebensgefühl St. Pauli in sich aufgenommen. Auch wenn Morena Wert auf die Aussage legt, dass er sich auf jedes der 34 Spiele in der Bundesliga freue, hat diese eine Partie am Sonntag im Millerntor-Stadion gegen den HSV gerade für die Gruppe der Langzeit-Kiezkicker eine ganz besondere Bedeutung. "Wir erleben die Rivalität schon etwas länger mit, haben solche Spiele herbeigesehnt", sagt Morena, der sich trotzdem nicht auf einen verbalen Schlagabtausch mit Amtskollege Heiko Westermann einlassen möchte, der zuletzt behauptet hatte, St. Pauli könne dem HSV nicht das Wasser reichen.

Morena will seine Argumente lieber auf dem Platz vortragen. Genauer gesagt würde er dies gerne tun, denn in den ersten drei Saisonpartien kam er nicht zum Einsatz. Auch gegen den HSV droht ihm die Zuschauerrolle. Er teilt dieses Schicksal mit fast allen anderen Altgedienten, einzig Boll hatte bislang einen Stammplatz in der ersten Elf. Auf Morenas Position in der Innenverteidigung setzte Trainer Stanislawski bislang auf Neuzugang Carlos Zambrano und Markus Thorandt, die zwei richtig gute Leistungen und zuletzt in Köln ein mittelmäßiges Spiel ablieferten. Dass Stanislawski nun einen Wechsel als Belohnung für langjährige Dienste vornimmt, eine Treueprämie in Form eines Platzes in der Startelf auszahlt, glaubt Morena nicht. "Ich habe noch keinen Trainer kennengelernt, der jemanden aus Dank aufstellt. Entscheidend ist, wie man sich sportlich präsentiert", meint der 30-Jährige. "Verdienste zählen nicht." Anders als bei den Fans - insbesondere, wenn man ein Derbysieger vom 19. September wäre.