Der Torwart vertrat den verletzten Hain ohne Fehler und will auch gegen den HSV spielen

Köln. Die Schulterklopfer und Umarmungen hätte er an alter Wirkungsstätte sicherlich auch mit übergezogener Trainingsjacke erhalten, doch er kam nicht von der Auswechselbank zurück in die Katakomben, sondern in dreckiger Arbeitskleidung, mit verschwitztem Trikot und jeder Menge Grashalmen an den Handschuhen.

Thomas Kessler hatte einen echten Arbeitstag hinter sich, seinen ersten in der Bundesliga als Torwart des FC St. Pauli. Und auch wenn es das Ergebnis nicht widerspiegelte und dem Teamplayer die Stimmung verhagelte, war es ein guter Tag für Kessler. Das Herzen der ehemaligen Kollegen in den Katakomben durfte als Anerkennung verstanden werden, nicht nur als Ausdruck freundschaftlicher Verbundenheit, das verriet die Mimik der Gratulanten.

Erst zwei Stunden vor der Partie hatte der Schlussmann von seinem Einsatz erfahren und damit Gewissheit erlangt, dass sich seine Hoffnungen nach der Sehnenverletzung von Konkurrent Mathias Hain bestätigen würden: Ausgerechnet in der Heimat feierte er sein Pflichtspieldebüt für den FC St. Pauli. Kessler ist in Köln geboren, hat hier bis zum Sommer auch gespielt. Beim FC, den er im Rahmen eines Leihgeschäfts zum FC St. Pauli verließ. Ein befristeter Trip nach Hamburg, der einer Bildungsreise gleichkommt. Kessler soll Spielpraxis sammeln, um danach den in die Jahre gekommenen Kölner Schlussmann Faryd Mondragon abzulösen. 2010 hatten sie ihm diesen Schritt in der Domstadt noch nicht zugetraut.

Möglicherweise ein Fehler, wie Kessler mit seiner Leistung andeutete. "Wir müssen uns bei ihm bedanken. Er hat mit vier starken Paraden dafür gesorgt, dass wir bis zum Ende noch im Spiel waren", lobt Sportchef Helmut Schulte. Und auch Trainer Holger Stanislawski übte positive Kritik: "Es gab Phasen im Spiel, da hatten wir Glück und einen guten Torwart." Kessler, der das Duell mit Hain wegen eines Muskelfaserrisses zum Ende der Vorbereitung kampflos verloren hatte, zeigte Stärken in Eins-gegen-eins-Duellen und auf der Linie, wirkte hellwach und dirigierte lautstark. Eine gelungene Bewerbung für die kommenden Spiele.

"Ich bin gekommen, um die Nummer eins zu werden, habe mich im Training reingehauen und in den vergangenen zwei Wochen Vollgas gegeben. Natürlich will ich auch gegen den HSV zwischen den Pfosten stehen", so Kessler, der die Vorgabe des Trainers, die Torwartfrage am kommenden Wochenende neu zu entscheiden, verstanden hat: "Ich werde weiter Gas geben, damit er nicht an mir vorbeikommt."