Der FC St. Pauli gewinnt sein Auftaktspiel beim SC Freiburg mit 3:1 und freut sich plötzlich auf ein Spitzenspiel gegen Hoffenheim.

Freiburg. Die Partie gegen den FC St. Pauli würde zur Party werden, das hatte der SC Freiburg auf Werbeflächen in der ganzen Stadt versprochen. Zwei Comicfiguren mit übergroßen Nasen in der Kluft der Badener und des befreundeten Kiezklubs schüttelten sich auf den Plakaten eifrig die Hände. Eine nette Geste, deren Bebilderung man in Breisgau dem auch für das Abendblatt tätigen St.-Pauli-Fan Guido Schröter überlassen hatte.

Dass es am Sonnabend im ausverkauften Badenova-Stadion ebenfalls Hamburger waren, die die Gestaltung des Spiels übernahmen, war dagegen wohl so nicht geplant. Auch nicht, dass am Ende nur St. Pauli etwas zu feiern hatte. Mit einem furiosen Schlussspurt drehte das Team von Trainer Holger Stanislawski einen 0:1-Rückstand noch in ein verdientes 3:1 . Nach dem überraschenden Pokal-Aus in der Vorwoche beim Regionalligisten Chemnitzer FC geht die Party beim in den vergangenen Jubiläumsmonaten fetenerprobten Aufsteiger also weiter.

"Das war einfach sensationell. Unsere Mannschaft hat Moral gezeigt", jubelten die Präsidiumsmitglieder Stefan Orth und Bernd-Georg Spies auf der Tribüne mit, während sich auf dem Rasen die Spieler in den Armen lagen. "Jetzt gibt es am nächsten Wochenende ein Spitzenspiel gegen Hoffenheim." Dass dann der Zweite den Ersten empfangen wird, St. Pauli in der Momentaufnahme knapp vor dem FC Bayern und dem HSV in der Tabelle steht, konnte man auch bei der Deutschen Fußball-Liga nicht vorausahnen. Zum Topspiel hatten die Planer das Duell dennoch gemacht, es entsprechend als Sonnabend-Spätspiel angesetzt.

Da es bis dahin noch einige Tage hin ist, durften St. Paulis Spieler ihren Triumph ein wenig genießen. Zum Beispiel im ICE 292, mit dem es nach dem Spiel nach Hamburg zurückging. Im Zug wurde auch noch der 31. Geburtstag von Mittelfeldakteur Florian Bruns mit der einen oder anderen Runde gefeiert. Wer von den zahlreichen Fans an Bord allerdings vermutet hatte, dass die Spieler voller Freude über den ersten Bundesligasieg St. Paulis seit acht Jahren eine Polonaise durch die Abteile starten würden, sah sich getäuscht.

Das Spiel bei 30 Grad Außentemperatur hatte an den Kräften gezehrt, sodass es im Wagen 12 doch eher ruhig zuging. Ganz anders also als noch auf dem Platz, als die im Vergleich zur Chemnitz-Pleite auf fünf Positionen veränderte Elf der Braun-Weißen zunächst Chance um Chance vergeben hatten, dann durch einen Treffer von Makiadi in Rückstand geriet, in den letzten sieben Spielminuten zurückschlug und dies unter anderem rudernd auf dem Platz feierte.

Ausgerechnet Fabian Boll, dem einzigen Bundesliga-Profi, der neben seiner Tätigkeit als Fußballer noch einen Zweitjob als Polizist ausübt und wie kein anderer für St. Paulis Weg von der Drittklassigkeit zurück in die Eliteklasse des deutschen Fußballs steht, war es vorbehalten gewesen, St. Paulis erstes Saisontor zu erzielen und damit die Wende einzuleiten. "Das war ein unvergessliches Erlebnis", sagte der 31-Jährige, der wie fünf seiner Teamkollegen sein erstes Bundesliga-Spiel überhaupt absolvierte. "Ich möchte mich bei allen bedanken, die heute dabei waren."

Ganz besonders freute sich auch Trainer Stanislawski über das Erfolgserlebnis von Boll, mit dem er einst selbst noch zusammenspielte. "Er ist ein sehr wichtiger Mann für uns auf dem Platz", sagte der Coach. "Es ist schön, wenn sich so einer mit einem wichtigen Tor belohnt."

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Stanislawski sprach nach der Partie wie sein Trainerkollege Robin Dutt von einem verdienten Sieg St. Paulis, bemängelte allerdings eine mangelnde Konsequenz im Spiel nach vorne. "Wir müssen daraus lernen, dass wir unsere Chancen besser verwerten müssen, weil solche Spiele sonst eben wie aus heiterem Himmel kippen können und wir ein Spiel verlieren, was wir schon vorher hätten gewinnen müssen", sagte der Coach, der nach eigenen Angaben so durchgeschwitzt war, als habe er die Partie selbst mitgespielt. Dafür, dass es auch so für drei Punkte reichte, sorgten die eingewechselten Richard Sukuta-Pasu und Fin Bartels mit ihren Treffern. "Wir haben bewiesen, dass wir immer zurückkommen können, immer an uns glauben", sagte Stanislawski.

Für ihn als Trainer seien die Abläufe vergleichbar wie in Liga zwei gewesen, erklärte der Coach zunächst, um später das Gegenteil bewiesen zu bekommen. Erst wurde der 40-Jährige von Interview zu Interview gereicht, dann eilte er zur Pressekonferenz und von dort mit der Mannschaft zum Bahnhof. Schon in Frankfurt musste er sich dann verabschieden, man erwartete ihn als Gast im ZDF-Sportstudio in Mainz. Nach einer kurzen Nacht in Südhessen ging es am Sonntagmorgen für ihn per Flugzeug wieder zurück nach Hamburg, wo ihn zum Abschluss des Terminmarathons eine Teamsitzung, das Mannschaftstraining und weitere Interviews erwarteten. Immerhin hatte er im Sportstudio einmal an der Torwand getroffen und damit den Spott des Teams vermieden. Schon im TV-Studio feierte er dies mit einem kleinen Tänzchen. Braun-weiße Party allerorten.