Neue Liga, neues Stadion, neue Möglichkeiten. Der FC St. Pauli ist fit für die Zukunft

Der Kandidat hat 666 Punkte. Teuflisch gut ist das nicht, aber es reicht für den Klassenerhalt. Genauer gesagt für Platz zwölf, den der FC St. Pauli im aktuellen "Performance-Check" von "Horizont", einer Fachzeitung für Marketing, Werbung und Medien belegt. Bewertet wurden für das Ranking, das den FC Bayern (1031 Punkte) an der Spitze und den HSV (841) auf Rang fünf sieht, alle 18 Vereine der Fußball-Bundesliga in den Bereichen Management, Marke, Stadion, Sponsoren, Fans, Serviceorientierung und Teamperspektive.

Über die Aussagekraft eines solchen Vergleichs lässt sich natürlich trefflich streiten. Die 16 Juroren, die der Jury angehörten, dürfen sich in jedem Fall Experten im Sportgeschäft nennen. Philipp Hasenbein, Geschäftsführer des HSV-Vermarkters Sportfive, gab beispielsweise ebenso seinen Stimmzettel ab wie Carsten Schmidt, Sportvorstand des TV-Senders Sky. Auch wenn für die letztliche Platzierung in der Liga, über Klassenerhalt oder Abstieg, zum Glück weiterhin die Leistungen auf dem Platz entscheiden, bestätigt das Ranking selbst bei vorsichtiger Interpretation zumindest eine These: St. Pauli ist reif für die Bundesliga - in allen Bereichen.

Der Kiezklub plant die Saison mit einem Rekordetat von rund 40 Millionen Euro, etwa die Hälfte davon entfällt auf die Lizenzspielerabteilung. Knapp zehn Millionen fließen über Sponsoring auf die Vereinskonten. Hauptgeldgeber ist erstmals die ARD-Fernsehlotterie, die geschätzte 3,5 Millionen Euro investiert. Auch hier landet St. Pauli im Bundesligavergleich auf einem "Nichtabstiegsplatz". Mit Mini, Air Berlin und Hamburg Energie stiegen weitere namhafte Unternehmen ein.

Aus der TV-Vermarktung ist mit acht Millionen Euro zu rechnen, eine andere Dimension für den Aufsteiger, der in der vergangenen Saison noch fünf Millionen Euro vom Fernsehen erhielt. Finanziell in einer neuen Liga spielt der Kiezklub aber auch dank der neuen Haupttribüne. 28 Logen und 1500 Businessseats finden unter anderem auf ihr Platz, die Gesamtkapazität des Stadions steigt auf 24 500 Zuschauer. "Die Tribüne gibt uns die Chance, weiter nach oben zu kommen", sagt Geschäftsführer Michael Meeske. Auch wenn noch nicht alle Arbeiten an dem 17 Millionen Euro teuren Bauwerk abgeschlossen sind, wird die Tribüne beim ersten Heimspiel am 28. August gegen Hoffenheim ihre Premiere erleben. Insgesamt verfügt das Stadion nun über 39 Separees, wie die Logen genannt werden. Bei voller Auslastung nimmt der Klub mit dem Bereich Hospitality knapp acht Millionen Euro pro Saison ein. Derzeit sind nur noch vier Separees und jeweils weniger als 100 Businessseats auf der Süd- und Haupttribüne verfügbar.

Eine weitere Einnahmequelle bleibt für St. Pauli weiterhin ein Tabu, den Verkauf des Stadionnamens nennt Meeske "kurz- und mittelfristig indiskutabel". Ein Zugeständnis an die Fanszene allein ist dies nicht, längst ist man am Millerntor zur Ansicht gekommen, dass der Verzicht auf einen Stadionsponsor sich langfristig für die Marke FC St. Pauli auszahlt. "Viele Vereine können sich die Marke St. Pauli als Vorbild nehmen", sagt Sponsoringforscher Joachim Bacher, der ebenfalls bei der "Horizont"-Abstimmung mitmachte. "Neben der Attraktivität der Spielweise und dem sportlichen Erfolg spielt die richtige Positionierung eine zentrale Rolle für das Image des Vereins." Da passt es doch gut, dass im Stadion auch etwas fürs Klima getan wird, unter anderem mit Solarmodulen auf dem Dach der neuen Haupttribüne.