FC St. Pauli trennt sich 1:1 von Bayer Leverkusen - Sieger des Abends war Familie Schultz

Hamburg. Keinen der 9308 Zuschauer hielt es mehr auf seinem Sitzplatz, jeder Ballkontakt wurde mit einem lauten, lang gezogenen "Hey" begleitet, und als der Ball die Torlinie dann endlich überquerte, brach am Millerntor ein Jubelsturm los, als hätte sich der FC St. Pauli soeben einen Platz für die Champions League gesichert. Es war aber nicht das 1:1-Unentschieden gegen Bayer Leverkusen, das die Fans verzückte und von den Spielern zu diesem Zeitpunkt bereits in den Katakomben analysiert wurde. Familie Schultz hatte sich mit Ausnahme von Mutter Mareelke zu einem spätabendlichen Kick auf den Platz begeben.

Oberhaupt Timo, Mittelfeldspieler beim Bundesliga-Aufsteiger, absolvierte gemeinsam mit Töchterchen Hannah (4) und Sohn Paul (2) noch eine spontane Trainingseinheit im Mittelkreis. Zur großen Freude der Fans, die Hannah und Paul auf ihrem minutenlangen Weg zur Torlinie frenetisch anfeuerten. Als Paul den Ball dann nach überlangem Anlauf tatsächlich ins Tor beförderte, tanzten die Besucher ausgelassen zu "Song 2". Auch die Stadionregie stellte ihre Spontaneität unter Beweis.

Die war der Mannschaft zuvor wie erwartet abgegangen. Nach drei Wochen intensiver Vorbereitung mit den inhaltlichen Trainingsschwerpunkten Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit wurden etliche Abstimmungsprobleme deutlich, wenngleich die Hamburger schon in vielen Punkten an die erfolgreiche Aufstiegssaison anknüpfen konnten. Forsches Spiel nach vorn mit den immer wieder rochierenden vier Offensivkräften, gepresst in das gewohnte taktische 4-2-3-1-Schema, Einsatzwille, physische Präsenz und mannschaftliche Geschlossenheit sorgten dafür, dass Bayer früh einige Verlegenheiten unterliefen. St. Paulis Führungstreffer nach einer halben Stunde war die logische Konsequenz.

Dass es die Neuzugänge Gerald Asamoah und Fin Bartels waren, die im ersten Härtetest der Vorbereitung mit einer Co-Produktion den Premierentreffer kreierten, stimmt positiv. "Wir sollten dieses Spiel allerdings nicht überbewerten. Aber ich bin glücklich, getroffen zu haben", sagte Asamoah, der als Publikumsliebling seinen Platz im Herzen der Fans bereits sicher hat.

Die Plätze für das Liga-Auftaktspiel in 35 Tagen sind dagegen noch frei. "Das Trainerteam wird seine Schlüsse gezogen haben", so Sportchef Helmut Schulte. Trainer Holger Stanislawski, dessen Mutter am Vortag verstorben war, hatte seine Mannschaft in der Halbzeitpause auf allen elf Positionen ausgetauscht. Lediglich Marcel Eger, Davidson Drobo-Ampem, Jan-Philipp Kalla, Torwart Thomas Kessler und überraschenderweise auch Deniz Naki fanden gegen Leverkusen, für das Patrick Helmes traf, keine Berücksichtigung. Ein Fingerzeig? Wohl kaum. Schon im am Montag beginnenden Trainingslager in Teistungen werden die Karten neu gemischt.

"Leverkusen hatte am Donnerstag frei, die haben sich scheinbar voll auf das Spiel fokussiert", sagte Schultz und grinste: "Wir haben ja ganz normal durchtrainiert." Und das sogar bis weit nach Spielende...

St. Pauli (1. Halbzeit): Hain - Rothenbach, Morena, Zambrano, Lechner - Boll, Schultz - Bruns, Asamoah - Bartels - Ebbers.

St. Pauli (2. Halbzeit): Pliquett - Volz, Thorandt, Gunesch, Oczipka - Lehmann, Daube - Hennings, Takyi, Kruse - Sukuta-Pasu.

Leverkusen: Adler - Vida (46. Schwaab), Friedrich, Hyypiä, Castro - Renato Augusto (76. Risse), Reinartz, Bender (83. Balitsch), Sam (76. Kaplan) - Helmes (76. Siefkes), Jörgensen (83. Kadlec).

Tore: 1:0 Asamoah (31.), 1:1 Helmes (39.). Schiedsrichter: Schriever (Dorum). Zuschauer: 9308.