Nach dem Urteil des Sportgerichts wird ein Gang vor das DFB-Bundesgericht angestrebt. 5800 Fans sollen gegen den KSC draußen bleiben.

Hamburg. "Wir werden das Urteil jetzt erst mal nach Hause tragen, prüfen und dann entscheiden", sagte Gernot Stenger und verließ die DFB-Zentrale in Richtung Flughafen Frankfurt. St. Paulis Vizepräsident verkniff sich eine klare Einordnung des Richterspruchs und hatte durchaus noch internen Diskussionsbedarf erkannt, nachdem das DFB-Sportgericht die vom Kontrollausschuss beantragte Strafe am Montag zwar deutlich abgeschwächt, aber eben nicht in eine Geldstrafe umgewandelt hatte. Immerhin noch 5800 statt der geforderten sämtlichen 13 000 Stehplatzbesucher am Millerntor sollen im Heimspiel gegen den Karlsruher SC draußen bleiben.

Geht es nach dem Willen der Basis, wird das Präsidium der Hamburger die Frist von sieben Tagen nicht ausschöpfen müssen, um die Konsequenz aus dem Urteilsspruch zu ziehen. "Wir vertrauen dem Präsidium, namentlich Gernot Stenger, dass die Ankündigung, alles andere als eine Geldstrafe nicht zu akzeptieren, grundsätzlich umgesetzt und eine Kollektivstrafe verhindert wird", sagte Tilman Brauns vom Fanklubsprecherrat dem Abendblatt. Nahezu geschlossen fordern die Fans den Gang vor das DFB-Bundesgericht. Wenn nötig, müsse der komplette juristische Weg bis nach Lausanne zum Internationalen Sportgerichtshof CAS beschritten werden. "Wir haben hier einen Präzedenzfall mit einem Täter, der sich gestellt hat, und eine Fanszene, die alles dafür tut, dass der Selbstreinigungsprozess in der Kurve weiter verbessert wird. Wir gehen davon aus, dass wir durch die Instanzen gehen", sagt Brauns, der die Besonderheit des Vorfalls vom 19. Dezember 2011 herausstreicht, als ein Abiturient eine für Fan-Choreografien auf der Südtribüne des Millerntors vorgesehene Kassenrolle warf, diese sich aber anders als geplant nicht abrollte und den Frankfurter Spieler Pirmin Schwegler auf dem Platz am Kopf traf. Zumal das Sportgericht herausstrich, dass kein Vorsatz erkennbar sei und man daher von einer "Fahrlässigkeitstat" sprechen müsse.

DFB-Urteil: St. Pauli hat noch nicht über Berufung entschieden

Das Präsidium weiß um die Meinungslage im Fanlager. Die Vereinsvertreter erreichten bereits am Montagabend zahlreiche E-Mails mit Lob über den Einsatz von Stenger und Sportchef Helmut Schulte vor dem Sportgericht, aber auch der unmissverständlichen Forderung, jetzt nicht nachzulassen. Was die Entscheidungsfindung nicht erleichtert, da die Chancen auf eine weitere Strafmilderung intern als äußerst gering eingeschätzt werden. "Es gibt keine Verhältnismäßigkeit und keine Transparenz, auf welcher Grundlage beim DFB Strafanträge gestellt werden", kritisiert Brauns, "aber es ist in jedem Fall absurd, für das Verhalten eines Einzelnen eine Kollektivstrafe auszusprechen. Wir müssen anfangen, viel, viel kleiner zu denken." Die nächste Chance bestünde vor dem Bundesgericht - oder eben nicht.