Trainer André Schubert äußert Lob für St. Paulis Torwart Benedikt Pliquett, der seine extrovertierte Art nur noch abseits des Platzes auslebt.

Hamburg. Er fällt auf. Nicht nur wegen seiner imposanten Körpergröße von 199 Zentimetern. Während die Mannschaftskollegen nach den Trainingseinheiten unauffällig vom Gelände huschen, kommt Benedikt Pliquett nicht selten mit einem Lied auf den Lippen aus dem Gebäude und lenkt stimmgewaltig die Blicke auf sich, die an seinem rosafarbenen Kulturbeutel haften bleiben. Eine gelbe Krone und kleine rote Herzen umspielen den Schriftzug: "Prinzessin". Pliquett ist Profi beim FC St. Pauli und stärkt mit seinem extrovertierten Habitus die grundsätzliche Annahme, wonach Torhüter und Linksaußen eben etwas anders ticken als ihre Kollegen. Der 27-Jährige, seit 2004 bei St. Pauli, verneint das Vorurteil nicht. "Ich habe es eben auch im Profisport geschafft, mir immer treu zu bleiben. Dass man es sich damit nicht immer leicht macht, ist mir klar. Schon meine Lehrer und meine Mutter haben ganz schön gelitten. Aber für mich gilt Paragraf eins: Jeder macht seins."

Aktuell bedeutet das, das Tor eines Aufstiegskandidaten der Zweiten Liga zu hüten und den Status zu verteidigen. Seit diesem Jahr hat Dauerreservist Pliquett seinen Platz auf der Bank wieder mal mit dem zwischen den Pfosten getauscht, nachdem sich Stammtorwart Philipp Tschauner im Dezember eine komplizierte Schulterverletzung zugezogen hatte. Die ersten 180 Minuten verliefen keineswegs schlecht, aber denkbar undankbar. Pliquett hatte kaum etwas zu halten, konnte sich in keiner Szene auszeichnen und musste trotzdem dreimal den Ball aus dem Netz holen. "Er brauchte jetzt mal ein Spiel ohne Gegentor, ein zu Null", weiß auch Trainer André Schubert, der seinen Schlussmann nach dem folgenden 1:0-Sieg in Duisburg lobte: "Er hat keine Fehler gemacht und fünf Minuten vor Schluss per Fußabwehr den Sieg verteidigt. Aber genau das erwarten wir ja auch von ihm." Leistungsbestätigung, die ihn gestern in die Spieltagself des Fachmagazins "Kicker" brachte. Die Gründe sieht der Trainer in der Entwicklung, die der Ahrensburger in den letzten sechs Monaten durchgemacht habe. "Bene agiert viel ruhiger als noch vor einem halben Jahr. Als ich hier angefangen habe, habe ich einen herumspringenden Torwart kennengelernt. Er ist nicht mehr so wild wie früher."

Pliquett bestätigt die Beobachtung: "Der Trainer hat recht. Ich bin geduldiger geworden, gerade im ,eins gegen eins'. Wenn du die 85. Minute in Duisburg siehst", sagt der Torwart, macht große Augen und stellt die Szene nach: "Baljak kommt, aber ich bleibe stehen, bleibe stehen, mache mich groß, warte, warte - Fußabwehr, danke, schönen Tag noch." Es sei nicht leicht gewesen, die Automatismen, die ihn früher auf den Angreifer loslaufen ließen, abzustellen. Doch die Arbeit mit Torwarttrainer Mathias Hain zahle sich immer mehr aus. "Ich hatte schon vor dem Sportler größte Hochachtung. Aber auch jetzt hilft er mir enorm. Wenn Matze etwas sagt, dann tritt das zu 95 Prozent auch ein." Hain bescheinigt seinem Schützling das Potenzial, um sich als dauerhafte Nummer eins im Profifußball durchzusetzen. Ob die Aussage zu den 95 Prozent oder aber den fünf Prozent zählen wird, liegt allein an Pliquett selbst. "Ich denke in jedem Spiel von Ball zu Ball", sagt er, "und ich will so spielen, dass die Mannschaft Erfolg hat. Was das dann für mich bedeutet, kann sich ja jeder denken."

Es ist seine große Chance, und er scheint willens, sie zu nutzen. Pliquett hat auf diese Wochen hingearbeitet, hat sich vorbereitet, sein Spiel umgestellt. Er hat sich verändert - auf dem Platz. Als er das Trainingsgelände verlässt, summt er ein Lied, und der rosa Kulturbeutel baumelt am langen Arm. Heimfahrt nach Sasel, wo er seit einem Jahr mit Freundin und Dalmatiner ein Haus bewohnt. "Ein eigenes Haus, das war immer mein Traum. Aber am wichtigsten war die Hausnummer. Die 31. Ich wollte unbedingt die 31. Ist doch 'ne richtig geile Nummer, oder?"