Ein Kommentar von Lutz Wöckener

Da waren sie wieder, die Fragen: wie er seine schlechte Perspektive im Konkurrenzkampf empfinde, wie es sei, sich wieder einmal hinten anstellen zu müssen. Ralph Gunesch hat sie in seinen siebeneinhalb Jahren bei St. Pauli während jeder Vorbereitung höflich beantwortet, um am Saisonende dann doch auf mindestens 20 Einsätze zurückzublicken. Der Innenverteidiger hätte die Marke wohl auch in dieser Serie geknackt, ging nun aber doch nach Ingolstadt. Neben dem Sportwagen ab Werk locken den Audi-Fan vor allem die realistische Aussicht auf einen Stammplatz und ein Vertrag über den Sommer hinaus, den man dem 28-Jährigen in Hamburg nicht zusagen konnte.

Guneschs Wechsel ist aus Spielersicht nachvollziehbar und richtig, der Verein spart Gehalt und freut sich über einen Transfererlös, der über den sportlichen Verlust eines loyalen, soliden Stellvertreters im Abwehrzentrum hinwegtrösten sollte. Und doch bedeutet der Abgang für Mannschaft und Verein einen großen Verlust. Nach Timo Schultz, Marcel Eger und Florian Lechner im Sommer ist ein weiterer Vertreter einer im Profifußball immer seltener werdenden Spezies weg. Gunesch hat diesen Verein geliebt und seine Leidenschaft - fernab der Kameras - auch gelebt. Der in Rumänien geborene Rheinländer fuhr im Fanzug zum Auswärtsspiel, suchte den ständigen Austausch mit dem Anhang, zu dem er als Fanklubmitglied längst selbst gehörte. Ralph Gunesch - ein Profi ohne Allüren, mit dem Blick über den Tellerrand, der ihn nun nach Ingolstadt geführt hat. St. Pauli geht ab sofort mit drei Innenverteidigern in jeden Zweitligaspieltag.